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„Wheelfire“ – Schleswig-Holstein zeichnet zwei starke Mutmacher aus

Um die Ehrennadel des Bundeslandes zu bekommen, müssen Menschen Herausragendes leisten. Das ist Arne und Lars Wienroth in besonderer Weise gelungen: Sie vermitteln Teilhabe, Lebensfreude und Zuversicht unter besonderen Bedingungen. Von Sönke Möhl

Die Brüder Lars (l) und Arne Wienroth, Begründer des Vereins „Wheelfire“, sitzen in Rollstühlen im Garten ihres Hauses
Die Brüder Lars (l.) und Arne Wienroth erhielten die Ehrennadel des Bundeslandes Schleswig-Holstein für das Engagement mit ihrem Verein „Wheelfire“. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Sie selbst halten sich und ihr Leben für ziemlich normal. Der Verein „Wheelfire“ ist das gemeinsame Projekt der Brüder Arne und Lars Wienroth, für das sie am Dienstag die Ehrennadel des Landes Schleswig-Holstein erhalten. Die 42 und 40 Jahre alten Brüder aus Padenstedt im Kreis Rendsburg-Eckernförde organisieren und produzieren Fotoshootings, Musikvideos, Konzerte und Veranstaltungen. Immer dabei: der Rollstuhl.

Für Lars und Arne gehört der Elektrorolli wegen fortschreitenden Muskelschwunds seit Kindertagen zum Leben. „Wheelfire steht für ein leidenschaftliches Leben auf Rädern“, sagt Arne Wienroth. „Wir zeigen, dass man mit dem Rolli einiges schaffen kann.“ Mehr als 90 Videos seien in den vergangenen Jahren entstanden, überwiegend Musikauftritte. Ein besonderes Video dokumentiert eine Husky-Fahrt der Brüder im Liegewagen durch die Lüneburger Heide und zeigt viel von ihrer Lebenseinstellung. Fast alles ist irgendwie möglich.

„Wir führen ein relativ normales Leben“, sagen die Brüder unisono. Die Frage sei ja ohnehin immer, „was ist normal“, sagt Arne. Lars, der kreativere der Brüder, studiert Grafikdesign im Fernstudium. Arne, der sich um Organisatorisches kümmert, studiert Medieninformatik. Natürlich sei das nicht einfach. Aber: „Die moderne Technik macht es möglich.“ Die beiden sind auf Hilfsmittel etwa zur Eingabe von Computerbefehlen angewiesen – und natürlich auf ihre Assistenten. Insgesamt 16 Frauen und Männer begleiten die beiden im Alltag, davon fünf Vollzeitkräfte.

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“

Die beiden Männer verfügen über ein persönliches Budget der Krankenkasse, mit dem sie ihr Leben organisieren können. Dazu gehören auch Personalverwaltung und Abrechnungen. Karina Giese betreut Arne seit anderthalb Jahren und ist mit ihrer Arbeitsstelle ebenso zufrieden wie Liane Perkuhn, die seit drei Jahren für Lars zuständig ist. „Die beiden nehmen sehr viel Rücksicht auf uns“, sagt Karina lächelnd. Die Dinge nicht zu ernst nehmen, manches weglachen, das gehört im Hause Wienroth zum Alltag. „Da ist auch viel schwarzer Humor dabei“, sagt Lars.

Die Brüder halten ihre Mitarbeiter mit ihren Plänen ordentlich unter Dampf. Heavy-Metal-Fan Arne plant in diesem Jahr Besuche bei den Festivals Hurricane und Wacken, weitere Reisen stehen auf dem Wunschzettel und neue Projekte mit „Wheelfire“. Man müsste irgendwann mal einen Bus zum rolligerechten Wohnmobil umbauen, wirft Arne ein und Lars’ Blick könnte bedeuten: „Warum eigentlich nicht?“ Groß geworden seien sie mit dem Spruch der Eltern: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“. Das habe sie zu selbstbewussten Menschen gemacht.

Als vor Wochen ein Brief mit Absender Staatskanzlei ins Haus kam, sei der erste Gedanke gewesen: „Was haben wir angestellt?“, meint Lars.

„Es war eine große Überraschung, eine große Freude“,

sagt Arne. Die Verleihung der Ehrennadel setzt nach Angaben der Staatskanzlei eine lange ehrenamtliche Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit voraus. „Das ehrenamtliche Engagement muss in einer außergewöhnlichen selbstständigen Leistung bestehen.“

Die Wienroths wünschen sich, dass sich noch mehr Menschen im Verein „Wheelfire“ engagieren. „Wir können dringend weitere Hilfe gebrauchen.“ Um zu zeigen, wie normal das Leben auf Rädern ist.

(RP/dpa/lno)

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