Die Frage, ob Demenzkranken im Pflegeheim heimlich Medikamente ins Essen gemischt werden dürfen, bleibt vorerst ungeklärt. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage eines Betroffenen gegen eine 2017 eingeführte Neuregelung ab, die eine Zwangsbehandlung betreuter Menschen nur bei einem stationären Klinikaufenthalt erlaubt. Der inzwischen mit fast 90 Jahren gestorbene Mann hätte sich erst an die Fachgerichte wenden müssen, teilte das höchste Gericht in Karlsruhe am Dienstag mit. Ohne diesen Schritt seien noch zu viele Fragen ungeklärt. (Az. 1 BvR 1575/18)
Das Verfahren hatte die Tochter des Mannes geführt, die auch seine Betreuerin war. Der Vater hatte aufgrund seiner fortgeschrittenen Demenz immer wieder wahnhafte Störungen und wollte dann seine Medikamente nicht nehmen. Die Einweisung in ein Krankenhaus schien keine gute Lösung, weil es ihm bei Ortswechseln regelmäßig deutlich schlechter ging. Das Betreuungsgericht wollte die heimliche Medikamentengabe im Pflegeheim jedoch nicht erlauben – eine Zwangsbehandlung sei nur stationär im Krankenhaus zulässig.
Gericht äußert Zweifel
Die Richterinnen und Richter der zuständigen Kammer äußern nun Zweifel, ob es eine Genehmigung des Betreuungsgerichts tatsächlich gebraucht hätte. Inwieweit eine Beimischung von Medikamenten dem Willen des Patienten widerspreche, sei fachgerichtlich ungeklärt. Davon hänge aber ab, ob es überhaupt um eine ärztliche Zwangsmaßnahme gehe. Das Gericht verweist außerdem darauf, dass im Gesetz eine Evaluierung der neuen Regelung vorgesehen sei. Dadurch sei „eine weitere fachliche und rechtliche Klärung zu erwarten“.
Der neue Paragraf 1906a im Bürgerlichen Gesetzbuch geht auch schon auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Davor war eine Zwangsbehandlung nur in der geschlossenen Psychiatrie möglich. Deshalb konnten generell keine bettlägerigen Patienten zwangsbehandelt werden, die in einer normalen Klinik lagen. Karlsruhe hatte 2016 angeordnet, diese Lücke „unverzüglich zu schließen“.
(RP/dpa)

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