Im Rampenlicht stand Juliana Rößler schön öfters, zuletzt beim DFB-Pokalfinale, als sie zusammen mit Robert Herberg die Fackel der Special Olympics durch das Stadionrund trug. Und in der kommenden Woche will die Kanutin von der obersten Stufe des Podiums in die Kamera schauen. „Dann sehen sie uns richtig, die sonst hinter unserem Rücken uns anstarren“, sagt die 38-Jährige, die mit einem Wasserkopf geboren wurde, deren Folgen sich in einer Lernschwäche ausdrückten. Als eine von 4.000 Aktiven freut sich die Berlinerin auf die nationalen Special Olympics vom 19. bis zum 24. Juni, bei denen die Titelträger in 20 Sportarten an verschiedenen Standorten in der Hauptstadt gesucht werden.
„Das ist eine riesengroße Vorfreude. Dass wir zeigen können, was wir jahrelang trainiert haben“,
sagt auch Badminton-Spielerin Daniela Huhn voller Emotionen, „für mich ist es wichtig, dass man Spaß daran hat und das erreicht, wofür man trainiert hat und das den Zuschauern zeigen kann.“
Doch nur Dabeisein zählt für die beiden schon erfolgsverwöhnten Frauen nicht, die schon mit Goldmedaillen bejubelt wurden und diese nun auch wieder ansteuern. „Ja, ich bin überzeugt“, sagt Rößler und Huhn weiß, dass sie das erreicht, was sie sich vorgenommen hat, wenn sie sich viel Mühe gibt – und lacht dabei völlig entwaffnend.
Inklusion durch „Unified-Mannschaften“
„Noch wichtiger ist für mich die neue Sportart im Doppel als Unified-Mannschaft“, sagt Huhn. Gemeinsam mit ihrer nicht beeinträchtigten Partnerin Andrea Eichlehner, mit der sie seit einem Jahr gemeinsam trainiert, möchte sie sich für die World Games im kommenden Jahr in Berlin qualifizieren.
Die neu eingeführten Unified-Wettbewerbe sollen auch dazu dienen, beeinträchtigte Menschen in den Alltag zu integrieren. „Unser langfristiges Ziel ist es, dass es selbstverständlicher wird, dass Menschen mit geistiger Behinderung am Sport teilnehmen können“, sagt Sven Albrecht, Bundesgeschäftsführer der Special Olympics Deutschland, „nach zwei Jahren Corona ist es umso wichtiger, dass wir zusammenkommen und ein tolles Fest feiern. Der Sport steht im Mittelpunkt, aber wir wollen ein besonderes Gefühl der Gemeinschaft erzeugen.“
Für Albrecht selbst sind die nationalen Spiele zugleich die Generalprobe für die vom 17. bis 25. Juni 2023 stattfindenden Special Olympics World Games Berlin. „Für uns ist es ganz wichtig, dass wir mit Blick auf 2023 Erfahrungen sammeln können.“
Größtes Sportereignis seit Olympia 1972
Albrecht hofft deshalb auch, dass möglichst viele Zuschauer bei den nationalen Wettbewerben vor Ort sind. „Die Berlinerinnen und Berliner sowie alle Deutschen wissen noch gar nicht, was für eine große Veranstaltung im Jahr 2023 auf uns alle zukommt“, sagt Albrecht. Mit über 7.000 Aktiven aus 190 Ländern sowie rund 20.000 Volunteers werden die World Games Berlin das größte Sportereignis in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 in München sein.
Juliana Rößler und Daniela Huhn hoffen, das bereits in der kommenden Woche Zuschauer zu den Wettbewerben kommen und den Leistungen der Sportlerinnen und Sportlern Tribut zollen. Und natürlich sollen sie auch bei den Siegesfeiern dabeisein, die Huhn „mit allen Athleten zusammen feiern“ möchte. Die Zeit dafür hat sie, denn nach der Siegerehrung am Mittwochnachmittag findet am Abend die traditionelle Athletendisko am Brandenburger Tor statt, die sich Huhn nicht entgehen lässt.
(RP/dpa)

Leonardo Drinceanu
20. Juni 2022 um 9:35
sehr gut