Im Boxring ist der aus Bayern stammende Sportler bereits ein Profi, in der RTL-Show „Let’s Dance“ bewies der 23-Jährige zudem Tanztalent. Wie seine Familie ihn motiviert hat und wie er seinem Vater, der seit einem Unfall schwerstbehindert ist, nacheifert, verrät Simon Zachenhuber im Interview mit ROLLINGPLANET-Redakteurin Anke Sieker.
„Anfangs waren es harte Wochen“
Wie geht es Ihnen – Sie haben sich angeblich nach Ihrer Teilnahme bei der diesjährigen „Let’s Dance“-Show Urlaub gegönnt?
Ja, genau. Nach „Let’s Dance“ habe ich mit einem Freund Urlaub gemacht, bevor es wieder ins Box-Training ging. Wir waren für ein paar Tage mit dem VW-Bus auf einem Roadtrip durch Kroatien und insgesamt ungefähr 2.000 km unterwegs. Das war natürlich sehr schön, weil ich zu der Zeit viele traumhafte, vor allem komplett menschenleere Strände genießen konnte.
Sie mussten sich also erstmal von den anstrengenden Tanz-Trainingsstunden für „Let’s Dance“ erholen?
Ja, ein bisschen runterkommen. Die Teilnahme an der Show war ja doch eine sehr aufregende Zeit. Insofern war die Reise und sehr bescheiden im VW-Bus zu leben ein guter Kontrast zu der Glamour-Welt rund um „Let’s Dance“. Da ich vom Land komme, war ich schon als Kind viel zelten und in der Natur unterwegs, deshalb liebe ich es.
Das heißt, Sie sind eher der Abenteuer-Urlauber?
Ja, tatsächlich. Ich bin weniger der Hotel-Reisende, sondern gerne im jeweiligen Land unterwegs und lasse die Dinge im Urlaub gerne auf mich zukommen.
Während Ihrer Reise haben Sie auch Ihren 23. Geburtstag gefeiert. Wie haben Sie ihn verbracht?
Sonne, Schnorcheln, Schokokuchen und allein am Strand. Also richtig angenehm.
Was sind Ihre momentanen Pläne? Haben Sie mehr Lust aufs Fernsehen bekommen.
Ich werde jetzt wieder volle Kraft ins Boxen stecken, und Profi-Boxen ist ja auch ein Bestandteil der Entertainment-Welt. Bisher stehe ich allerdings noch relativ am Anfang meiner Profi-Boxkarriere.
Wie kann man sich Ihr momentanes Training vorstellen?
Ich bin ein Mensch, der eigentlich immer im Training ist – weil mir Sport und Fitness generell Spaß machen. Ich halte mich auch im Urlaub fit. Das erleichtert es mir natürlich, danach ins volle Training einzusteigen. Ich habe jetzt zwei Monate lang jeden Tag elf Stunden Tanztraining gehabt. Das war auch für mich eine große Herausforderung, da Tanzen ja komplett anders als Boxen ist. Konditionell fehlt‘s mir deswegen auch nicht so, aber natürlich muss man in den normalen Boxrhythmus und die Vorbereitungen dazu wieder reinkommen, und da bin ich gerade mit viel Spaß dabei.
Haben Sie beim Tanzen ganz neue Seiten an sich entdeckt?
Ja, ich bin an neue Frustrationsgrenzen gestoßen. Im normalen Boxtraining bin ich auch ab und zu mal frustriert, wobei ich aber ganz genau weiß, woran ich arbeiten muss und dafür viel mehr Vorbereitungszeit habe. Wenn man in vier Tagen ohne jegliche tänzerische Grundlagen einen ganz neuen Tanz erlernen muss, ist das schon heftig. Ein paar Grundlagen hatte man dann irgendwann in Show acht oder neun erlangt, aber anfangs waren es sehr harte Wochen. Und wenn dann Sachen nicht funktionieren, obwohl man eigentlich gewohnt ist, dass man ein gewisses Koordinationstalent hat und sportlich begabt ist, und auf einmal gar nichts mehr klappt, wie es sein sollte, stößt man auf jeden Fall an neue Grenzen der Frustration. Ich habe auch gelernt, ganz neue Emotionen zu zeigen, auch ein bisschen mehr Kontrolle über meinen Gesichtsausdruck zu kriegen – alles Sachen, die beim Boxen relativ spontan kommen. Das war natürlich ganz neu für mich.
Sie haben bei „Let’s dance“ den vierten Platz belegt und das Halbfinale erreicht. Was ist im Nachhinein bdtrachtet härter: Das Tanzen oder das Boxen?
Ich denke schon, das Boxen, wobei auch das Tanzen Hochleistungssport ist. Ich habe früher nie verstanden, was Tanzen mit Profisport gemein hat, und es komplett unterschätzt. Diese Meinung habe ich aber schnell, nach nur einem Tag Tanztraining, revidiert. Als vorheriger Nicht-Tänzer habe ich festgestellt, dass das Tanzen sehr viel Training bedarf, man sehr viel denken und koordinieren muss. Boxer haben natürlich auch eine gute Koordination, aber hauptsächlich eine Hand-Auge-Koordination. Tänzer haben dafür eine wahnsinnige Ganzkörper-Koordination. Also muss man ganz klar sagen, dass Tanzen auch absolut verdient als Leistungssport bezeichnet wird.

Simon Zachenhuber erreichte mit seiner Tanzpartnerin Patricija Belousova dieses Jahr den 4. Platz bei „Let’s Dance“. (Foto: TVNOW/Stefan Gregorowius)
Haben Sie jetzt die Motivation entwickelt, Ihr neues Tanztalent weiterzuentwickeln?
Leider bleibt dafür jetzt nicht mehr so viel Zeit. Aber ich denke, dass ich künftig ein- oder zweimal die Woche zum Tanztraining gehen werde. Weil mir das als Ausgleich sicher sehr guttun wird.
Haben Sie dafür auch schon eine Tanzpartnerin?
Nein, die habe ich bisher noch nicht gefunden, aber ich habe schon jemanden in Aussicht, die vielleicht mit mir das Tanzbein schwingen kann.
Bis dahin müssen Ihre Schwestern Alisa (26) oder Amelie (17) herhalten?
Tatsächlich mussten sie schon dafür herhalten und mit mir Hebefiguren üben, als ich zwischen den Dreharbeiten für „Let’s Dance“ daheim war.
Ihre Schwestern sind ja auch sehr sportlich aktiv…
Amelie ist eine talentierte Nachwuchs-Schwimmerin, Alisa war auch Leistungssportlerin, ist ebenfalls geschwommen und war im Modernen Fünfkampf sehr erfolgreich. Sie arbeitet jetzt aber als Kinderkrankenschwester und hat dafür ihre sportliche Karriere an den Nagel gehängt. Hobbymäßig läuft sie aber immer noch gelegentlich Marathon.
„Natürlich kommt man sich beim Tanzen näher“
Über „Let’s Dance“ haben schon einige Promis und Profis auch privat zusammengefunden, wie z.B. Rebecca Mir und Massimo Sinato, Luca Hänni und Christina Luft oder zuletzt Rurik Gislason und Valentina Pahde. Können Sie es nachvollziehen, dass man sich beim Tanztraining ineinander verliebt?
Das kann durchaus passieren, weil man sehr viel Zeit miteinander verbringt. Ich muss auch sagen: Ich habe meine Trainerin Patricija Belousova in den letzten drei Monaten öfter gesehen als jeden anderen und öfter näher an mir gehabt als jede andere. Natürlich kommt man sich beim Tanzen näher. Gerade in der Trainingszeit durchlebt man viele Phasen gemeinsam – viel Frust, man streitet sich, versöhnt sich dann wieder; ähnliche Phasen wie in einer Beziehung. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass es dabei schneller funkt als anderswo.
Ihre Eltern haben schon früh Ihr sportliches Talent gefördert, haben eine Schwimmschule, und mit fünf Jahren waren Sie bereits aktiv im Schwimmsport. Neben dem Schwimmen kamen später, zwischen dem zehnten und siebzehnten Lebensjahr, die Sportarten Moderner Fünfkampf und Biathle hinzu. Mit 12 waren Sie aktiv im Kickboxen, mit 19 starteten Sie Ihre Karriere im Profiboxen. Wie sind Sie vom Schwimmen zum Boxen gekommen?
In meinem Wohnort Erding hatte ich eine erfolgreiche Amateurkarriere im Kickboxen. Dann haben meine Trainer meinen jetzigen Profitrainer Ende 2017 kontaktiert und mich empfohlen. So kam es zu meinem Profivertrag. Für mich ist damit auch ein langjähriger Traum, mein Hobby zum Beruf zu machen, in Erfüllung gegangen. Für mich war das das Beste, was mir passieren konnte. Für den Sport bin ich daraufhin auch nach Stuttgart gezogen.
Worin liegt für Sie der Reiz am Boxen?
Das Schöne ist, gerade für einen Jugendlichen, dass man sich dabei wunderbar auspowern kann. Für mich ist Boxen jedoch mehr als nur Draufhauen, sondern eine Mischung aus Hochleitungssport und Kunst, weil Boxen auch sehr viel mit Cleverness zu tun hat. Neben dem Physischen kommt der mentale Aspekt hinzu, was zur Vielfältigkeit des Sports beiträgt. Man sagt ja auch: „Boxen ist wie Schach mit den Fäusten.“ Man muss immer drei Schritte vorausdenken. Das Reizvolle ist, dass es dafür auch viele verschiedene Stile gibt. Jeder Boxer hat seinen eigenen Stil, deshalb ist die Kunst, sich darauf ganz schnell einzustellen und immer zu versuchen, seinen Gegner unter Kontrolle zu bekommen. Die Schläge ins Gesicht sind natürlich immer das Unschönste, also darf man sich einfach nicht erwischen lassen.
„Für mich ist er mein geliebter Papa, so wie er ist“
In Ihrer Familie gab es ein tragisches Ereignis: Ihr Vater ist, als Sie erst vier Wochen alt waren, bei einem Drachenflug verunglückt, seitdem schwerbehindert. Was genau ist passiert?
Er ist Sportdrachen geflogen und wohl in eine Windböhe gekommen und daraufhin abgestürzt. Dabei wurde die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten. Da mein Vater sehr lange ohne Sauerstoff war, ist er ins Koma gefallen und hat leider geistig und körperlich lange bleibende Schäden davongetragen.
Wie furchtbar!
Für mich ist es so, da der Unfall in meiner frühesten Kindheit passiert ist, dass ich meinen Vater nicht anders kenne. Klar ist er schwerbehindert, sitzt im Rollstuhl und ist geistig beeinträchtigt, aber für mich ist er mein geliebter Papa, so wie er ist.
Gibt er Ihnen trotzdem eine gewisse Stärke?
Auf jeden Fall. Allein, dass ich weiß, dass ich sehr nach ihm komme, obwohl er sehr wenig an meiner Erziehung beteiligt war. Es ist schon erstaunlich, was Genetik alles ausmacht. Nach den Erzählungen meiner Mama, meines Onkels und generell meiner Familie bin ich ihm extrem ähnlich. Allein in meiner Gestik, wie ich gehe und in der Art, wie ich mit Leuten rede und umgehe, gibt es ganz viele Parallelen. Mein Vater war vor seinem Unfall ein sehr tüchtiger, fleißiger Mann und auch sportlich sehr erfolgreich. Es macht mich natürlich auch stolz, wenn ich ihm da ein bisschen nacheifern kann.
Wie unterstützen Sie ihn im Gegenzug?
Indem ich ein ganz normaler Sohn bin, ihn so oft es geht in der Einrichtung für betreutes Wohnen in Mühldorf besuche, wo er wegen seiner Behinderung lebt, wir häufig telefonieren und ich ihn immer auf dem Laufenden halte, was bei mir so passiert.
Sind die elterlichen und auch eigenen Ängste durch den Unfall Ihres Vater ausgeprägter als normal?
Meine Mama war natürlich nicht begeistert, als ich auf die Idee kam, mit 16 den Motorradführerschein zu machen und mit dem Boxen anzufangen. Natürlich unterstützt sie mich in dem, was ich mache, aber ich glaube, am liebsten wäre ihr gewesen, ich wäre beim Schwimmen geblieben oder hätte zum Tennis gewechselt. Weil ich, wie gesagt, sehr meinem Vater nachkomme, der immer ein bisschen das Risiko gesucht hat.
Sind Ihre Eltern Vorbilder für Sie?
Auf jeden Fall. Vor allem meine Mama, weil sie zu der Zeit, als mein Vater den Unfall hatte, zwei kleine Kinder allein großziehen und eine sehr schwierige Phase ihres Lebens meistern musste. Aber sie hat sich mit viel Fleiß und Arbeit durchgekämpft.
„Sich selbst zu überschätzen ist nie gut“
Angeblich sind Sie bei aller Risikofreude aber auch sehr diszipliniert – trinken keinen Alkohol oder feiern ausschweifende Partys?
Ich bin sehr diszipliniert, das gehört beim Profisport einfach dazu – vor allem, wenn man nach ganz vorne will. Aber ich bin auch noch ein junger Kerl, und deshalb gehört für mich auch eine gesunde Dosis Spaß dazu. Deswegen gibt es für mich, nach einem gewonnenen Kampf, natürlich auch die Feier danach. Aber natürlich alles mit Maß und Stil.
Das heißt, Sie kennen Ihre Grenzen?
Ich weiß, was ich kann, ich weiß aber auch, was ich nicht kann. Das gehört auch zu einer gesunden Selbsteinschätzung dazu. Sich selbst zu überschätzen ist, glaube ich, nie gut. Aber ich bin zugegebenerweise schon auch jemand, der gerne auch mal an seine Grenzen geht und ein bisschen den Nervenkitzel braucht.
Sie bezeichnen sich selbst als Landei, sind mit Tieren in Erding aufgewachsen.
In Erding ist mein Elternhaus, aber ich wohne, wie gesagt, wegen meines Sports in Stuttgart. Ich bin aber nach wie vor sehr gerne zuhause.
Was ist das Schöne am Landleben?
Die Mentalität auf dem Land ist irgendwie doch ein bisschen lockerer, habe ich das Gefühl. Es gibt viele Seen, viele Bäche, wo ich gerne Zeit im Sommer verbringe. Auf dem Land genieße ich auch meine Freiheit.
Wer, würden Sie sagen, ist Ihr größter Halt?
Auf jeden Fall meine Familie, die Heimat, Freunde – mit meinem Zuhause bin ich schon sehr verankert.
Haben Sie ein besonderes Lebensmotto?
Auf den Sport bezogen sage ich immer: „Train until your idols become opponent.“
Vielen Dank für das Interview.
(RP)

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