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Paralympics in Peking enden mit deutschem Erfolg – und Fragen nach der Zukunft

Der Ukraine-Krieg, ein umstrittener Gastgeber und die Pandemie drücken auf die Stimmung. Am Ende wird IPC-Chef Parsons in Chinas Staatsmedien wieder zensiert. Und DBS-Präsident Beucher kämpft für andere Spiele. Von Holger Schmidt und Andreas Landwehr

China, Peking: Schlussfeier im Olympiastadion „Vogelnest“. Zu sehen ist die paralympische Flagge neben der Nationalflagge der Volksrepublik China. (Foto: Joe Toth/Olympic Information Services/IOC/dpa).
China, Peking: Schlussfeier im Olympiastadion „Vogelnest“. Zu sehen ist die paralympische Flagge neben der Nationalflagge der Volksrepublik China. (Foto: Joe Toth/Olympic Information Services/IOC/dpa).

Überschattet von Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie sind die Paralympischen Winterspiele am Sonntag in Peking mit einer symbolträchtigen Abschlusszeremonie zu Ende gegangen. In seiner Rede lobte der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees, Andrew Parsons, die „glänzenden“ Leistungen der Sportler in „schwierigsten Zeiten“. Er dankte den chinesischen Organisatoren für „atemberaubende, sichere und spektakuläre Spiele“. Gastgeber China habe „Maßstäbe für alle zukünftigen Winterspiele gesetzt“ und sei nun „ein paralympisches Wintersport-Powerhouse“, sagte Parsons.

Die deutschen Sportler feierten ihr unerwartet starkes Abschneiden, nachdem sie mit 19 Medaillen so viele wie vor vier Jahren in Pyeongchang in Südkorea geholt hatten, wenn auch weniger Gold. Im Medaillenspiegel erreichte Deutschland Platz sieben. Wegen der russischen Invasion in die Ukraine, dem eingeschränkten Leben in der hermetisch abgeriegelten Corona-Blase war die Stimmung während der Spiele aber zeitweise gedrückt. Nach heftigen Kontroversen waren die Mannschaften aus Russland und Belarus vorher ausgeschlossen worden.

So zensiert China

Der Paralympics-Chef, der bei der Eröffnung der Spiele seiner Empörung über den Ukraine-Krieg Luft gemacht hatte, gab sich zum Abschluss eher zurückhaltend. In seiner Rede im „Vogelnest“ genannten Nationalstadion Chinas erwähnte der IPC-Präsident den Ukraine-Krieg nicht ausdrücklich. Die Sportler bezeichnete er als „Champions des Friedens, deren Taten mehr als Worte sagten“. Die Spiele hätten Hoffnung geschürt auf „Inklusion, auf Harmonie und vor allem auf Frieden“. Die Menschheit wolle „in einer Welt des Dialogs leben“.

Trotz der wenigen politischen Anspielungen wurde seine Rede in der Übersetzung des Staatsfernsehens wie bei der Eröffnung wieder zensiert, indem umschrieben und das Wort „Frieden“ vermieden wurde. Statt „in schwierigsten Zeiten“ sagte der Übersetzer, die Sportler selbst hätten „Schwierigkeiten überwunden“, was eher auf persönliche Anstrengungen abzielt. „Hoffnung auf Frieden“ wurde mit „Hoffnungen, eine große Familie zu werden“ übersetzt. Die Formulierung „Champions des Friedens“ fehlte völlig. Das passt dazu, dass Staatsmedien in China Wörter wie „Krieg“ in der Ukraine oder „Invasion“ vermeiden und wie in Russland nur von „spezieller Militäroperation“ sprechen.

China hat die meisten Medaillen

Die erst 18-jährige Goldmedaillengewinnerin im Biathlon, Leonie Walter, trug mit ihrem Guide Pirmin Strecker die deutsche Fahne ins Stadion. Unter den ersten Athleten, die ins Stadion einzogen, waren auch zwei Mannschaftsmitglieder der Ukraine, die die gelbblaue ukrainische Fahne schwenkten. Das chinesische Team repräsentierte die dreifache Goldmedaillengewinnerin im Skilanglauf, Yang Hongqiong (32). China führt mit großem Vorsprung den Medaillenspiegel an – obwohl es zuvor nur eine einzige Medaille im Curling geholt hatte.

Wie schon bei Olympia im Februar und 2008 bei den Sommerspielen in Peking arrangierte der chinesische Starregisseur Zhang Yimou nach der Eröffnung auch die Schlusszeremonie. Die Feier fand auf einem bildschirmähnlichen Stadionboden aus LED-Lampen statt. Auf eine 55 Meter große Fläche wurde ein gigantischer Plattenspieler projiziert.

Nach den Kontroversen im Vorfeld der Spiele um Menschenrechtsverstöße in China, dem Säbelrasseln gegenüber dem freiheitlichen Taiwan oder der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong blicken Sportler und Verantwortliche auf politisch eher unbelastete Gastgeber in der Zukunft: Die nächsten Winterspiele werden 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo ausgetragen. 2024 finden in Paris die Sommerspiele statt.

„Bin wild entschlossen“: DBS-Präsident kämpft für nachhaltige Spiele
DBS-Chef Friedhelm Julius Beucher (Foto: Christophe Gateau/dpa)

DBS-Chef Friedhelm Julius Beucher (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Präsident Friedhelm Julius Beucher vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) hat dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einen harten Kampf für nachhaltige Spiele angesagt. „Ich bin wild entschlossen“, sagte Beucher der Deutschen Presse-Agentur zum Abschluss der Winter-Paralympics in Peking: „Ich will laut sein und nicht schweigen.“

Die Spiele in China hätten „mit unverantwortlichen Eingriffen in die Natur in der Tradition von Sotschi und Pyeongchang“ gestanden. „Spiele dürfen nicht mehr ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Umweltschutz vergeben werden. Denn deren Auswirkungen sind nicht lokal, sondern global“, sagte Beucher: „Ich bin sicher, dass ich viele Mitstreiter finden werde. Und dann werden wir dafür sorgen, dass es in Lausanne (Sitz des IOC, d. Red.) noch ein bisschen wärmer wird als es am Genfer See eh schon ist.»

Er habe „eine Verantwortung für unser Team, aber ich empfinde auch Verantwortung für die Zukunft der Jugend“, sagte der 75-Jährige: „Deshalb will ich an den Stellschrauben drehen, an denen ich drehen kann.“

(RP/PM)

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