Sie ist ein absolutes Multitalent und hat dabei eine scheinbar unerschöpfliche Energie: An ihrem 65. Geburtstag verrät Biologin, Moderatorin, Autorin und Unternehmerin Nina Ruge, was das Geheimnis ihrer jugendlichen Ausstrahlung und ihrer Gesundheit ist und wofür sie sich neben ihrer Arbeit mit Herzblut engagiert.
„Weglassen und Gemüse, Gemüse, Gemüse – das sind die beiden wichtigsten Pfeiler einer Ernährung, die uns länger gesund leben lässt“
Liebe Frau Ruge, in Ihren beiden aktuellen Büchern „Altern wird heilbar“ und „Verjüngung ist möglich“ (GU-Verlag) beschäftigen Sie sich mit dem Thema Altersforschung, sprechen mit renommierten Altersforschern und geben Praxistipps, die jede/r ganz einfach im Alltag anwenden kann. Wie sehr beschäftigt Sie das Thema Vergänglichkeit, Älterwerden, Tod?
Mich beschäftigt vor allem das Thema Gesundbleiben, Verjüngung, Fitness im Alter! Hintergrund sind die fantastischen Fortschritte in der Zellforschung, Biochemie und Molekularbiologie. Es ist so unglaublich spannend, immer mehr über die großartige Intelligenz unserer Zellen zu erfahren – und wie diese mit den Jahren langsam nachzulassen droht. Da ist es naheliegend, alles auszuschöpfen, was wir gegen den schleichenden Alterungsprozess unserer Zellen tun können!
In Ihren Büchern untersuchen Sie diverse Hoffnungsträger gegen den Alterungsprozess und Krankheiten. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse haben Sie sich zu eigen gemacht?
Für das neue Buch „Verjüngung ist möglich“ unterstützten mich 25 Top-Experten, denn auf dem Markt der vermeintlichen „Verjüngungstherapien“ tummelt sich sehr viel Unseriöses – und ich möchte verlässliche Orientierung geben darüber, was wirklich hilft. Es ist einigermaßen aufwendig, zu Fragen der Ernährung, des ‚richtigen‘ Tiefschlafs, der ‚richtigen‘ Atmung, des ‚richtigen‘ Sports und vor allem der wirksamen Nahrungsergänzungsmittel verlässliche Einschätzungen geben zu können – mit dem erklärten Ziel, mehr gesunde Jahre zu erreichen! Deshalb hat das Buch auch 416 gehaltvolle Seiten…
Was sind Ihre persönlichen Tipps für ein gutes langes Leben? Worauf achten Sie bei Ihrer Ernährung? Als engagierte Tierschützerin ernähren Sie sich ja bereits seit vielen Jahren vegetarisch.
Weglassen und Gemüse, Gemüse, Gemüse – das sind die beiden wichtigsten Pfeiler einer Ernährung, die uns länger gesund leben lässt. Weglassen: Zucker (Desserts, Kuchen, zuckerhaltige Getränke, Weißbrot etc.), auch Fleisch, Fertigprodukte, etliche Fette und Öle, zu lange Gekochtes und einiges mehr.
Gemüse: Der größte Teil unserer Nahrung sollten möglichst viele verschiedene Gemüse sein – auch Kichererbsen, Linsen, weiße Bohnen – dazu diverse frische Kräuter, Nüsse, Vollkornprodukte aller Art und hochwertige Pflanzenöle. Grüner Tee ist fantastisch, Natto (fermentiertes Soja) und manche Gewürze wie Kurkuma (mit Pfeffer, also Curry z.B.) – und alles möglichst regional und bio.
„Regelmäßigkeit ist Gold wert“
Haben Sie persönliche Mittel für Ihr Wohlbefinden? Worauf schwören Sie?
Am Ende des Buches habe ich meine Favoriten in einer Liste zusammengestellt. Auch das sind zehn Seiten! Dazu gehören neben der Ernährung und der Anzahl der Mahlzeiten pro Tag ein Bewegungs- und Krafttrainingsprogramm, etliche Nahrungsergänzungsmittel, Hinweise zum Schlaf, zur Atmung, zum Hitze- und Kältereiz (Sauna, kalte Duschen) und auch die Diskussion um die Hormonersatztherapie für Frauen in der Menopause – die verjüngt, wenn sie sorgfältig eingesetzt und engmaschig kontrolliert wird.
Machen Sie regelmäßige Kuren wie z.B. Diäten, Fasten- oder Ayurvedakuren?
Tatsächlich nicht, obwohl ich viel davon halte, sich für einen gewissen Zeitraum zurückzuziehen und zu „resetten“. Ich versuche, meinen Alltag möglichst stark auf gesunde Langlebigkeit einzustellen. Regelmäßigkeit ist Gold wert.
Worauf achten Sie beim Thema …Schlaf?
Ich trage eine smarte Uhr, die mir am Morgen die Schlafqualität anzeigt. Wenn man sich das aufmerksam anschaut, verändert man seine Gewohnheiten automatisch: Möglichst regelmäßige Schlafenszeiten, möglichst zwischen sieben und acht Stunden, möglichst ein, zwei Stunden vor Mitternacht ins Bett gehen, möglich wenig essen am Abend, keine LED-Bildschirme mehr nutzen, kein TV – und sich schöne Rituale der Entspannung und des Wohlgefühls gönnen.
…Atmung?
Bauch- und Brustatmung einzusetzen lernen, die Atemfrequenz wahrnehmen und hin und wieder runterregeln, um das vegetative Nervensystem in den Entspannungsmodus zu bringen, möglichst immer durch die Nase atmen und nicht durch den Mund, weil die Nasenschleimhaut Stickoxid produziert, was unsere Blutgefäße elastisch hält und damit Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugt.
…Sport und allgemeine Fitness? Was sind Ihre persönlichen Maßnahmen gegen den Muskelschwund?
Täglich mindestens 45 Minuten schnelles Walken (mit Hanteln für das Training der Oberkörpermuskeln), Krafttraining an Geräten (das liebe ich nicht wirklich), schwimmen (mindestens 750 Meter) und Übungen für die Rücken-/Bauchmuskulatur und -Beweglichkeit.
…gegen den mentalen Abbau?
Da habe ich die 12 stärksten Risikofaktoren aufgelistet. Der – nach jüngsten Erkenntnissen – bedeutendste: Beginnender Schwerhörigkeit nicht per Hörgerät zu begegnen – meist aus Eitelkeit. Das fördert Demenz!
Welche positiven Effekte haben Sie dadurch festgestellt?
Ich ernähre mich seit 25 Jahren sehr gesund, seit 15 Jahren vegetarisch, ich nehme schon lange etliche Nahrungsergänzungsmittel, heute auch die der neuen Generation wie NR und Spermidin, ich treibe regelmäßig Ausdauersport und werde Kraftsport noch stärker in meinen Alltag integrieren und mache schon lange eine niedrig dosierte Hormonersatztherapie. Und ich fühle mich tatsächlich enorm fit – körperlich und geistig. Die epigenetische Uhr, die das biologische Alter misst – im Gegensatz zum chronologischen Alter, das im Pass steht – zeigte bei mir sieben Jahre weniger an…
Wie ergänzen Sie sich bei der Gesundheitspflege mit Ihrem Mann? Stimmt es, dass Sie z.B. regelmäßige Jogging-Verabredungen treffen?
Ja, wir laufen regelmäßig gemeinsam, allerdings läuft mir mein Mann immer weg. Da ich auf meinen Puls achte und nicht über 120 gehe, ist das ein wunderbares Argument, nicht hinterherzusprinten.
Hatten Sie je gesundheitliche Probleme, und wenn ja, wie haben Sie sie in den Griff bekommen?
Glücklicherweise hatte ich bislang keine größeren gesundheitlichen Probleme – ich bin sehr dankbar!
Verjüngungsmaßnahmen mithilfe von Botox, Hyaluronsäure und div. Schönheits-OPs sind heute keine Seltenheit mehr. Die wenigsten mögen jedoch darüber sprechen. Sie? Haben Sie Erfahrungen auf dem Gebiet gemacht?
Das ist nach wie vor ein Tabuthema – zumindest in der Presse, da sich Schlagzeilen über Frauen und Männer, die über Botox & Co sprechen, immer gut verkaufen.
„Vorher hatte ich sehr selten Kontakt mit Menschen mit Behinderung“
Sie sind ja nicht nur als Journalistin, Moderatorin, Autorin, Unternehmerin extrem vielseitig, sondern engagieren sich noch dazu ehrenamtlich als UNICEF-Botschafterin für Tiere, Kinder und den Umweltschutz und sind zudem seit mehr als zehn Jahren Schirmherrin des „Netzwerks von und für Frauen mit Behinderung in Bayern“ sowie Botschafterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für die Belange von Menschen mit Behinderung. Wie kam es zu diesem Engagement? Gab es einen konkreten Anlass oder eine persönliche Erfahrung, die Sie dazu veranlasst hat?
Es gab tatsächlich einen Event in München – das Sozialministerium hatte eingeladen. Es ging darum, möglichst hautnah erfahrbar zu machen, dass Menschen mit Behinderung in alle Bereiche unseres Alltags gehören – aber dort kaum anzutreffen sind. Ein kurzes Pressegespräch, das ich zu diesem Thema gab („Wieso finden wir keine Rollifahrer/innen im Kino, auf Events, auf Bällen etc.?“), nahmen die Netzwerk-Frauen zum Anlass zu fragen, ob ich Schirmherrin werden wollte. Ich wollte.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Betroffenen?
In den 15 Jahren meines Engagements habe zunächst ich selbst unendlich viel gelernt – denn ich hatte vorher sehr selten Kontakt mit Menschen mit Behinderung gehabt.
Mich beeindruckt – und ich bewundere – die fast selbstverständliche Power und – ja – Resilienz der Frauen mit Behinderung, sich in alltäglichen widrigen Umständen durchzusetzen, ohne mental zu stark draufzuzahlen. Bitte kein Mitleid, keine „fürsorgliche Belagerung“, wie mir die wunderbare Rosie, Sprecherin des Netzwerks, unmissverständlich klarmachte, sondern praktische Unterstützung in der Verbesserung des alltäglichen Lebens. Kämpferinnen mit Herz – Vorbilder!
Was haben Sie bisher mit Ihrem Netzwerk für die Frauen erreicht?
Die Frauen des Netzwerks von und für Frauen mit Behinderung in Bayern haben einiges erreicht! Zum Beispiel eine gynäkologische Ambulanz in Dachau. Welche Probleme und manchmal auch Diskriminierung Frauen mit Behinderung bei Gynäkologen erleben, ist erschreckend.
Inwiefern?
Das Entkleiden und auf den gynäkologischen Stuhl zu gelangen ist nur unter Einsatz mehrerer Helfer/innen zu leisten – was von den Kassen nicht vergütet wird. Der eng getaktete Ablauf in einer gynäkologischen Praxis wird „gestört“ – was man den Mitarbeiter/innen dort nicht übelnehmen kann. Es liegt am System.
Die Themen Assistenz (wer so körpernah zusammenarbeitet, muss unbedingt zusammenpassen, da muss die Chemie stimmen!), Inklusion in Ausbildung/Schule, Kinderwunsch und digitale Selbstbestimmung, Assistenzhund und so vieles mehr gehören in die Öffentlichkeit!
Unser Frust war regelmäßig, dass wir nur sehr wenige Pressevertreter zu unseren Kongressen und Veranstaltungen bewegen konnten. Allerdings: Persönlich habe ich in all den Begegnungen, Veranstaltungen etc. gemeinsam mit Frauen mit Behinderung nie Diskriminierung erlebt – eher Unsicherheit der Menschen ohne Behinderung. Und auch das ist nachvollziehbar!
Diversität ist momentan ein großes Thema, aber behinderte Menschen scheinen nach wie vor benachteiligt bzw. ignoriert zu werden, was offensichtlich bis heute ein gesellschaftliches Problem ist. Welche Bemühungen gibt es, das Thema „gesellschaftsfähiger“ zu machen?
Jetzt in Corona-Zeiten sind Menschen mit Behinderung noch stärker in die „Unsichtbarkeit“ geraten. Politisch – und auch in den sozialen Systemen und Organisationen spielt die Unterstützung von Menschen mit Behinderung eine – wie ich finde – immer bedeutendere Rolle. Wir Pressevertreter sollten die Lebensumstände und Themen von Menschen mit Behinderung deutlich stärker kommunizieren. Und: Um Selbstbestimmung in Behinderteneinrichtungen steht es oft schlecht. Deshalb halte ich sehr viel davon, Menschen mit Behinderung massiv zu unterstützen, selbstständig – mit Assistenz – zu leben.
Stimmt es, dass Sie sich, gerade während der Pandemie, intensiv mit Ihrer Familiengeschichte beschäftigt haben? Sie stammen aus einer deutsch-jüdischen Familie. Viele Familienangehörige wurden im Holocaust getötet, auch Ihr Vater war im Holocaust im Lager. Wie hat Sie Ihre Familiengeschichte charakterlich geprägt? Planen Sie eine Biografie?
Mein wichtigstes nächstes Projekt: Das dritte Buch über gesunde Langlebigkeit – und hier geht es um die stärksten Mittel: Medikamente, Stammzellentherapien etc. Außerdem geht bald eine Online-Plattform an den Start: VITALISSIMO, auf der ich über den aktuellen Stand der Forschung und der wirksamen Mittel berichte.
Hape Kerkeling hat gerade ein Buch über Katzen geschrieben. Was haben Ihre Tiere Sie gelehrt?
Gemeinsam mit Günther Bloch habe ich das Buch „Was fühlt mein Hund? Was denkt mein Hund?“ geschrieben. Da geht es um die Welt der Emotionen, die uns mit unseren Vierbeinern verbindet und über die wir uns verständigen. Meine Tiere – (vier Katzen in der Toskana, zwei Hauskatzen dazu und meine Hunde) – lehren mich, im Jetzt zu leben, das Leben zu feiern und Wärme, Liebe und Geborgenheit wachsen, blühen und gedeihen zu lassen…
Wie werden Sie Ihren bevorstehenden 65. Geburtstag verbringen/feiern?
Hier in der Toskana mit meinem Mann, meinen engsten Freunden und meinem Patenkind.
Was hat Sie eigentlich in die Toskana verschlagen?Â
Ich bin ein totaler Fan des italienischen Lifestyles und verbringe den Sommer am liebsten in Italien. Deshalb haben mein Mann und ich auch schon seit vielen Jahren ein Domizil in der Toskana. Dort, zwischen Olivenhainen und Weinbergen, produzieren wir auch unser eigenes Olivenöl, bereits seit über 15 Jahren Rotwein, der auch in Deutschland schon gut vertrieben wird, und seit ca. acht Jahren auch Weißwein. Meist bin ich von Mai bis September da, weil ich in der Toskana am besten und in Ruhe arbeiten kann. Da gehe ich auch abends nicht aus, sondern bleibe, ganz brav, mit meinen Tieren allein Zuhause.
Die Moderatorin, Buchautorin und Journalistin wurde am 24. August 1956 in München geboren. Nach ihrem Studium arbeitete Ruge zunächst als Lehrerin und verfasste nebenbei als freie Mitarbeitern Beiträge für den NDR Hörfunk. 1987 gab sie ihren Job am Wolfsburger Gymnasium Kreuzheide auf, um sich einer Medienkarriere zu widmen – zunächst hinter der Kamera als Regieassistentin und Redakteurin, später als Moderatorin von Formaten wie zum Beispiel „heute-journal“, „Leute heute“ und „NeunzehnZehn“. Bis heute hat Ruge als Autorin über 20 Bücher veröffentlicht.
(RP)

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