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Handicap-Dating: Meine Erfahrungen in puncto BDSM und Fetisch


Wie offen sind die Online-Communitys gegenüber behinderten Menschen und was bieten die Portale? ROLLINGPLANET-Kolumnist Chris S. hat sich die drei größten Dating-Plattformen angeschaut.

BDSM
(Foto: Shutterstock)
Unsere Kolumnisten schreiben unabhängig von ROLLINGPLANET. Ihre Meinung kann, muss aber nicht die der Redaktion sein.

Heute geht es mir um Online-Seiten, die sich mit BDSM und Fetischen beschäftigen. Ich möchte wissen, wie offen sind die Communitys gegenüber behinderten Menschen und was bieten sie? Wichtig sind mir folgende Fragen:

  1. Wie ist das Niveau?
  2. Wie viele unterschiedliche Bezahlmodelle gibt es, wie hoch sind die Kosten und was bieten die Seiten?
  3. Welche Möglichkeiten der Profilerstellung habe ich?

Fetlife

Fetlife ist die weltgrößte Community für BDSM und Fetisch. Praktisch ein Facebook für Kinkster. Über Suchmaschinen kann man die Website nicht erreichen, da sie nicht indiziert ist, trotzdem ist sie nicht schwer zu finden. Kein Wunder bei 5,6 Millionen Mitgliedern.

Eine hohe Mitgliederzahl klingt natürlich immer nach einem dicken Plus, doch im Fall von Fetlife ist dies nicht unbedingt so. Wie gesagt ist Fetlife eine weltweite Community, hier finde ich immer jemanden für eine nette Unterhaltung und habe sehr aktive Gruppen, jedenfalls falls ich einigermaßen englisch spreche. Deutsche User gibt es zwar, allerdings sind es nicht gerade viele. Dementsprechend ist es nicht so einfach, hier jemanden für ein Date zu finden. Fairerweise muss ich erwähnen, dass Fetlife auch nicht wirklich für Dating konzipiert wurde.

Community ist freundlich und tolerant

Das Niveau der Community war für mich überraschend positiv, obwohl ich ehrlich gesagt nicht sagen kann, warum ich davon so überrascht war. Die Menschen sind freundlich und tolerant. Meine Behinderung wurde nie zum Thema einer Unterhaltung, was ich persönlich immer sehr positiv aufnehme. Bei Interesse an etwas Persönlichem kommt das Thema sowieso auf den Tisch, in gewöhnlichen Chats oder Diskussionen brauche ich es allerdings nicht unbedingt.

Ebenfalls positiv zu bewerten: Die Seite lässt alle wichtigen Funktionen mit einer kostenlosen Basismitgliedschaft zu. Für sechs Monate Premium würde man 30 Dollar bezahlen, eine lebenslange Mitgliedschaft kostet 240 Dollar. Meiner Meinung nach gibt es aber wirklich keinen Grund, in den Geldbeutel zu greifen.

Pluspunkt: viele Profil-Einstellungen

Das absolut Beste an Fetlife sind die vielen verschiedenen Möglichkeiten bei der Erstellung des Profils. Keine andere Website, die ich kenne, ist so präzise und gleichzeitig vielfältig. Neben ganz typischen Angaben wie dem Nickname, dem Alter, dem Wohnort und einem Textfeld bietet Fetlife um die 70 Optionen bei der Rollenwahl (Masochist, Hedonist, Fetischist, Daddy, Petplayer, Slut usw.), 13 Möglichkeiten bei der Wahl des Geschlechts (Trans* bis genderqueer zu weiblich und männlich), zwölf Optionen bei der sexuellen Orientierung (von straight bis pansexual und asexual). Darüber hinaus, wie aktiv ist jemand? Nach was sucht man? Beziehungsstatus, Websites und persönliche Pinnwand. Das ist TOP!

Solltet ihr euch austauschen wollen oder Anschluss an Stammtische oder Events suchen, seid ihr hier genau richtig. Für Dates sind wir aber eher an der falschen Adresse.

Sklavenzentrale

Die Sklavenzentrale, auch so ein Thema für sich. Einerseits ist sie in Deutschland wahnsinnig bekannt und kommt monatlich auf etwa 25.000 User, was sehr gut ist. Andererseits sieht sie einfach aus wie eine Massenkarambolage, es ist einfach alles überfrachtet und chaotisch. Optisch ist die Seite wirklich eine Katastrophe, ich kann es nicht anders formulieren.

Die Community ist größtenteils höflich und respektvoll. In „Zirkeln” kommen verschiedene Arten von Kinkstern zusammen, um zu diskutieren oder um sich Anregungen zu holen und auszutauschen. Zum Daten bietet die Sklavenzentrale mehrere Möglichkeiten. Die übliche Profilsuche gibt es hier ebenso wie einen Matcher und die Möglichkeiten, Kontaktanzeigen zu erstellen. Mein Handicap war hier nie ein großes Thema, von daher würde ich den Umgang mit behinderten Usern positiv sehen.

Die wichtigsten Funktionen sind kostenfrei

Seltsamerweise steht die Seite unter dem schlechten Ruf, dass sie kostenlos kaum nutzbar sein soll. Diese Kritik kann ich aber nicht nachvollziehen, alle wichtigen Funktionen sind nutzbar, ohne dafür zu bezahlen. Für 9,95 Euro bekommen wir einen Monat Premium, bei längerer Laufzeit wird es etwas günstiger. Dafür könnte man dann unbegrenzt kommunizieren, ebenso gibt es unbegrenzte Zirkel-Mitgliedschaften, unbegrenzte Nutzung der Galerie und man bekommt zusätzliche Profilfunktionen.

Bei der Profilerstellung bietet die Sklavenzentrale einiges und die User schöpfen die Möglichkeiten auch gerne aus. Neben den üblichen Angaben wie Alter, Wohnort und Geschlecht gibt es noch die Möglichkeit, detaillierte Angaben zu Aussehen und Neigungen zu machen. Es gibt eine ordentlich lange Liste von Vorlieben, Neigungen und Fetischen, aus denen man wählen kann. Abgesehen davon habe ich immer die Möglichkeit zu entscheiden, wer meine Angaben sehen darf, ob „privat“, „öffentlich“, „für Freunde sichtbar“ oder „für Freunde von Freunden sichtbar“.

Gentledom

Die Seite, die den persönlichsten Eindruck hinterlässt, ist Gentledom. Was für die drittgrößte BDSM-Community in Deutschland schon bemerkenswert ist. Die Seite bietet grundsätzlich viel an, zum Beispiel informative Ratgeber zur Thematik BDSM, allerdings wirkt sie manchmal ein wenig unübersichtlich. Die Tatsache, dass das Forum ausgegliedert ist, ist grundsätzlich nicht schlimm, aber es ist ein wenig seltsam.

Mit meiner Behinderung gab es hier nie Probleme

Absolut positiv ist der hohe Anteil an echten Usern. Zuletzt gab es zwar immer wieder Fakes, diese wurden allerdings sehr schnell beseitigt. Die Admins und Mods sind also durchaus bemüht, für Ordnung zu sorgen. Die Community ist freundlich und respektvoll, mir ist hier noch nie ein User negativ aufgefallen, dies kann ich von keiner anderen Seite behaupten. Dementsprechend gab es mit meiner Behinderung keinerlei Probleme, höchstens etwas Neugierde.
Kommen wir zu den Kosten. Naja, welche Kosten eigentlich? Gentledom kostet höchstens Zeit, wenn ihr gerade online seid. Denn die Seite ist vollumfänglich kostenlos.

Zum Abschluss geht es, wie immer, um die Profilerstellung. Hier bietet uns Gentledom ein gutes Angebot. Von typischen Angaben wie Nickname, Geschlecht und Wohnort können wir auch Angaben zu Beziehungsstatus, körperlichen Attributen, zur Lebenssituation und zu Gewohnheiten (Alkoholkonsum, Tabakkonsum) machen, auch die Bereitschaft zum Bildertausch kann angegeben werden. Lobenswert: Es können Fotos in unbegrenzter Zahl hochgeladen werden, diese müssen allerdings jugendfrei sein.

Ein gutes Ergebnis

Zusammengefasst kann ich behaupten, dass alle diese Seiten durchaus ihre Stärken haben, allerdings auch ihre Schwächen. Als behinderter Mensch muss man sich hier keine Gedanken über unfreundliche oder beleidigende Kommentare machen. Insgesamt ist es also ein super Ergebnis für all diese Seiten.

Chris (31) ist ein Münchner Kindl und lebt in der „Weltstadt mit Herz“. Seine Krankheit trägt den Namen SMA (Spinale Muskelatrophie) Typ 2. Chris ist Transmensch und pansexuell und schreibt bevorzugt über die Themen Dating, Liebe, Sex, BDSM oder Tantra. sexabled.de

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ROLLINGPLANET ist seit 2012 Deutschlands Onlinemagazin für Menschen mit Behinderung und alle anderen. ROLLINGPLANET ist ein Non-Profit-Projekt, realisiert vom Verein Menschen, Medien und Inklusion e.V., München. Mehr über unser Team erfahren Sie hier.

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