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Lauterbach: Behandlungsabbruch von Patienten wird nicht erlaubt

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßt die Absage an eine „Ex-Post-Triage“ als klare Stärkung der Rechte von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen.

Karl Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weist Forderungen nach einer „Ex-Post-Triage“ zurück. (Foto: Annette Riedl/dpa)

Nach einem Kritiksturm zieht der Minister einen Gesetzentwurf zur Triage zurück. Und verkündet plötzlich das Gegenteil von dem, was sein Vorschlag beinhaltete. Lauterbach hat nun streng gefasste Kriterien für eine sogenannte Triage in Aussicht gestellt, also für eine Priorisierung von Patienten bei zu knappen Kapazitäten. Mit Blick auf einen möglichen Behandlungsabbruch von Patienten mit geringeren Überlebenschancen sagte der SPD-Politiker am Montag, eine solche „Ex-Post-Triage“ sei ethisch nicht vertretbar. Dies sei weder Ärzten, Patienten noch Angehörigen zuzumuten. „Deshalb werden wir es auch nicht erlauben.“ Selbst die Triage im Vorfeld einer Behandlung sollte nur unter hohen Auflagen möglich sein, sagte Lauterbach.

Am Wochenende hatte ein Bericht des „Tagesspiegel“ für Aufsehen gesorgt – der Zeitung zufolge wurde auf Druck von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in dem Gesetzesvorschlag eingefügt, dass die „Ex-Post-Triage“ ausdrücklich erlaubt sei. Die LIGA Selbstvertretung verurteilte solche Pläne scharf (siehe ROLLINGPLANET-Bericht: „Bundesjustizminister verleiht Ärzten die Lizenz zum Töten“).

In der Corona-Pandemie war das Thema wegen teils ausgelasteter Intensivstationen in den Fokus gerückt. Der Begriff Triage bedeutet, dass Ärzte bei zu wenig Beatmungsgeräten oder Betten eine Reihenfolge festlegen, wer zuerst behandelt wird. Hintergrund der vorgesehenen Neuregelung ist eine ntscheidung des Bundesverfassungsgerichts von Ende vergangenen Jahres. Demnach muss der Bundestag „unverzüglich“ Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit Behinderungen im Fall einer Triage treffen. Bisher gibt es dazu keinen Gesetzesrahmen, sondern wissenschaftlich erarbeitete Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte.

„Reelle Gefahr, aber nie Alltag“

Lauterbach sagte, dass nach dem Urteil der „Graubereich von medizinischen Entscheidungen“ ausgeleuchtet werden müsse. Dazu werde das Ministerium in Kürze einen Gesetzentwurf als Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen vorlegen. „Triage-Entscheidungen waren in dieser Pandemie in Deutschland zwar eine reelle Gefahr, aber nie Alltag“, sagte Lauterbach. „Durch Corona-Maßnahmen und Patientenverlegungen ist es uns gelungen, alle Kranken gut zu versorgen. Das soll auch in Zukunft so bleiben.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die Absage an eine „Ex-Post-Triage“. Dies sei eine klare Stärkung der Rechte von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Generell gelte es, das Gesundheitswesen so zu organisieren, dass sich solche Fragen der Priorisierung gar nicht stellten.

Unterschieden wird prinzipiell zwischen Triage im Voraus („ex-ante“) und nachträglich („ex post“), wie das Ministerium erläuterte. Zum einen wird also vorab entschieden, wer behandelt wird. Ex-Post-Triage bedeutet demnach, dass die Behandlung eines Patienten mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit abgebrochen wird, um einen Patienten mit besserer Prognose versorgen zu können.

(RP/dpa)

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