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Kriechend zur Toilette: Rollstuhlfahrerin verklagt American Airlines

Schadensersatz in Höhe von mindestens 75.000 US-Dollar wegen „Zufügung von seelischem Leid“ gefordert.

Tammy Spears erlebte den Vorfall im Flugzeug als demütigend, wie sie dem Sender KMVT in einem Interview erzählte.
Tammy Spears erlebte den Vorfall im Flugzeug als demütigend, wie sie dem Sender KMVT in einem Interview erzählte. (Foto: privat)
Im Rahmen unseres internationalen Netzwerks veröffentlichen wir regelmäßig Berichte von ROLLINGPLANET-Partnern aus der ganzen Welt. Wir verzichten dabei bewusst, Themen und Texte „einzudeutschen“, indem wir nur für Deutschland relevante Teile übernehmen – ganz im Gegenteil: Wir finden andere Blickwinkel spannend.

Der folgende Beitrag stammt von unseren Kollegen des US-amerikanischen Reiseblogs WheelchairTravel.org („Open Your World“).

Im vergangenen Jahr berichtete der Fernsehsender KMVT über eine Frau aus Jerome im US-Bundesstaat Arizona. Auf dem Flug von Salt Lake City nach Charlotte, North Carolina, war die Rollstuhlfahrerin gezwungen, sich auf dem Boden zur Flugzeugtoilette zu ziehen.

KMVT sprach mit Tammy Spears und ihrer Anwältin Diane Moore von der in Los Angeles ansässigen Anwaltskanzlei Baum Hedlund Aristei & Goldman über ihre Klage gegen American Airlines und das Reisebüro CheapOAir.

Tammy Spears, eine beinamputierte Frau, erzählte, dass es ihr erster Flug seit 16 Jahren war. „Ich musste während des Fluges auf die Toilette und es gab keinen speziellen Rollstuhl im Flugzeug“, sagte Spears. „Also endete es damit, dass ich von meinem Sitz aus den ganzen Weg zur Toilette auf meinem Hintern robbte und meinen Stumpf über den Boden schleifte, und das war ziemlich schlimm.“

Der Ehemann ist traumatisiert

Spears sagte, das Erlebnis habe sie entsetzt und ihren Mann traumatisiert.

„Alle starrten auf mich herab und es war einfach nur demütigend,“

erzählte sie. Und dann sei da noch eine Sache gewesen: „Ich musste als letzte aus dem Flugzeug steigen und plötzlich kamen viele Leute auf mich zu, tätschelten meine Schulter und sagten, alles wird gut. Das war auch sehr peinlich für mich.“

In der Klage steht, dass „American Airlines es fahrlässig versäumt hat, einen Gangrollstuhl auf Frau Spears’ Flug bereitzustellen und sie nicht warnte, dass es für sie keine Möglichkeit geben würde, während des Fluges zu einer Bordtoilette zu gelangen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Anwaltskanzlei.

In der Klage heißt es weiter, dass CheapOAir, das Unternehmen, welches das Flugticket an Frau Spears verkaufte, es fahrlässig versäumt hat, American Airlines über die Behinderung und die besonderen Bedürfnisse von Frau Spears zu informieren. Auch wäre Frau Spears nicht darüber aufgeklärt worden, wie sie sich selbst um einen Gangrollstuhl für den Flug kümmern könne.

Die Schadensersatzklagen gegen American Airlines und CheapOAir lauten wie folgt:

Anklagepunkt I: Fahrlässigkeit – Fehlen eines Gangstuhls an Bord (American Airlines)

Anklagepunkt II: Fahrlässigkeit – Unterlassung einer Warnung oder Verweigerung des Boardings (American Airlines)

Anklagepunkt III: Vorsätzliche Zufügung von seelischem Leid (American Airlines)

Anklagepunkt IV: Fahrlässige Zufügung von seelischem Leid (American Airlines)

Anklagepunkt V: Fahrlässigkeit (CheapOAir)

Anklagepunkt VI: Verlust des Konsortiums (beide Beklagte)

Anwältin Diane Moore sagte, dass sie nicht nur für Spears kämpfe, sondern auch für unzählige andere Betroffene.

„Offensichtlich wurde Tammy von American Airlines wirklich misshandelt. Und wir betrachten die Sache nicht nur aus der Perspektive von Tammys Fall, sondern wir haben Tausende von körperbehinderten Militärangehörigen und andere Bürger, die jedes Recht haben, sicher reisen zu können, ohne gedemütigt zu werden.“

Sie fordert Schadensersatz in Höhe von mindestens 75.000 US-Dollar. Dies ist der Mindestbetrag, den man vor einem Bundesgericht geltend machen kann. „Letztendlich werden wir eine Geldsumme fordern, die nicht nur Tammy entschädigen soll, sondern auch ihren Ehemann, der voller Angstzustände war und versuchen musste, Tammy wieder sicher nach Hause zu bringen,“ erklärte Moore. „Zusätzlich werden wir Kostenerstattung für einige Arztrechnungen fordern, aber vor allem geht es um die emotionale Belastung eines Fluggastes, einer erwachsenen Frau, die mehr oder weniger den Gang entlang robbte, während jeder sie ansah.“

Für Spears geht es nicht ums Geld

„Es geht mir nicht um das Geld“, erklärte Spears. „Ich möchte nur, dass die Leute sehen, was sie tun und wie sie mit Menschen umgehen. Denn ich bin sicherlich nicht die Einzige, der so etwas passiert. Und es muss etwas getan werden. Ich glaube auch, dass ich nie wieder in ein Flugzeug steigen kann, ohne mich wirklich aufzuregen.“

(RP Network/WheelchairTravel.org, übersetzt von Erich Hubel)

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