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Joachim Gauck ist (noch) nicht Barack Obama

Über die Antrittsrede des neuen Bundespräsidenten: Die gehörlose Bloggerin Julia Probst beklagt sich, der blinde Journalist Keyvan Dahesch hofft.

Bundespräsident Joachim Gauck
Archivfoto vom vergangenen Sonntag, als Joachim Gauck zum Bundespräsidenten gewählt wurde (Screenshot Phoenix)
Auch auf dem ROLLINGPLANET vergeht die Zeit rasend schnell. In unserer Rubrik „Best of“ veröffentlichen wir regelmäßig Beiträge, die schon einige Jahre alt sind – aber die wir immer noch lesenswert finden oder/und die über ein wichtiges Thema oder Ereignis berichten.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 23. März 2012. Keyvan Dahesch ist am 1. Januar 2018 verstorben.

In einer Zeremonie im Bundestag ist Joachim Gauck (72) als elfter und bisher ältester Bundespräsident vereidigt worden. Er bewies erneut sein glänzendes Rednertalent und rief die Bürger zu Zuversicht auf, nannte Deutschland ein „Demokratiewunder“ und forderte einen starken Sozialstaat.

„Ich empfinde mein Land vor allem als ein Land des Demokratiewunders“, sagte der am vergangenen Sonntag neu gewählte Bundespräsident. „Erst wenn die Menschen aufstehen und sagen: ‚Wir sind das Volk‘, werden die Menschen sagen können: ‚Wir sind ein Volk‘“.

Soziale Unterschiede und Gerechtigkeit

Gauck sprach auch über soziale Unterschiede und soziale Gerechtigkeit. Deutschland solle ein Land sein, das „soziale Gerechtigkeit, Teilhabe und Aufstiegschance“ miteinander verbindet. „Der Weg dazu ist nicht der einer paternalistischen (Anm.d.Red.: väterlichen) Fürsorgepolitik, sondern ein Sozialstaat, der vorsorgt und ermächtigt. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Menschen glauben, sie könnten nicht Teil unserer Gesellschaft sein“, sagte das neue Staatsoberhaupt.

Via Twitter bedauerte die gehörlose Julia Probst, Bloggerin des Jahres 2011: „War ja klar: Die Vereidigung von Gauck war natürlich ohne Gebärdensprachdolmetscher. Wollte Gauck nicht Präsident aller Deutschen sein?“ In ihrem Augenschmaus-Blog (2021: Der Blog ist nicht mehr öffentlich verfügbar) verweist sie als positives Beispiel auf Obama, den „Präsidenten der Gehörlosen“: „Die Amtsteinführung von Obama war selbstverständlich barrierefrei – mit Gebärdensprachdolmetscher und Untertitel!“

Vor der Bundesversammlung am Sonntag zeigte sich der blinde Journalist Keyvan Dahesch optimistisch, dass behinderte Menschen durch Joachim Gauck mehr Gehör finden werden. Dahesch war parteiloses Mitglied in der Bundesversammlung von 1994 und nahm als erster Sehbehinderter an der Wahl teil. In einem Interview mit Deutschlandfunk sagte er: „Er ist ja sehr glaubwürdig und er greift viele Themen auf und spricht sie auch so, dass jeder gleich weiß, worauf es ankommt. Ich hoffe, dass er mit seinen Worten, die sehr wirksam sind, die Situation behinderter Menschen anderen auch klar machen kann.“

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Julia Probst: „Und jetzt geht gerade ein Video von Obama durch’s Internet, wo er einem jungen gehörlosen Studenten in seiner Muttersprache – der Gebärdensprache antwortet. Stephon, so heißt der junge Mann, ergreift die Chance seines Lebens und gebärdet Obama zu: ‚I’m proud of you.’ Und Obama versteht ihn und antwortet ihm mit ‚Thank you.’ Und total süß finde ich es ja, dass er dann total verlegen wird, als ihm die gehörlose Lady ‚I love you’ gebärdet. (…) Barack nicht der einzige Obama, der American Sign Language (ASL) kann, auch Michelle kann sie! :-)“

(RP)

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