Die Diagnose Kausalgie-Dystonie-Syndrom warf die sympathische Essenerin 2009 aus der Bahn. Plötzlich hatte sie keine Kontrolle mehr über die Muskulatur in ihrem Fuß. Ein Interview über Neuorientierung, Lebensfreude, Dicksein und Mias große Liebe, die Mode.
„Statt cooler Klamotten konnte ich nur bestimmte Sachen kaufen“
Auf Ihrem Instagram-Account haben Sie inzwischen über 10.000 Follower. Wie haben Sie es geschafft, als Mode-Bloggerin für „Plus Size“-Mode so erfolgreich zu werden?
Ich war immer schon sehr internetaffin und gehöre ja zu der Generation, die mit den Anfängen von Social Media aufgewachsen ist. Außerdem hatte ich schon immer eine natürliche Neugierde und probiere gerne Neues aus. So wurde ich eine der ersten „Plus Size“-Bloggerinnen in Deutschland.
Plus Size ist ja eine Marktnische für sich, und wenn man in so einem Segment von Anfang an mitschwimmt, bleibt man in Erinnerung. Den Zeitpunkt, als bei Instagram noch mit einer kleinen Strategie, das heißt täglichen Posts, viele Follower generiert werden konnten, habe ich allerdings komplett verpasst, weil ich 2016 Mutter geworden bin und dann eine Pause eingelegt habe.
Was war Ihre Motivation, „Plus Size“-Mode zu präsentieren?
Ich wollte beweisen, dass Mode auch fülligeren Menschen Spaß machen darf und den dickeren Frauen zeigen, wo sie coole Sachen kaufen können. Ich wollte dazu anregen, dass jedes dicke Mädchen und jede dicke Frau die Möglichkeit hat, sich so zu stylen, dass sie ihr Inneres nach außen kehren kann.
Schon während meines Modemanagement-Studiums war ich immer ganz neidisch gewesen, wenn meine Kommilitoninnen so coole Klamotten trugen, ich dagegen immer nur bestimmte Sachen kaufen konnte. Also fing ich an zu recherchieren und habe dabei amerikanische und französische Plus Size-Blogger entdeckt, die mich absolut begeisterten.
Heute ist meine Mode eine Mischung aus Freizeit und Chic – weil ich mag, wenn etwas bequem und gleichzeitig elegant ist, trotzdem nicht künstlich wirkt. Was ich eine Zeitlang getragen habe, aber jetzt nicht mehr, sind High Heels. Ich möchte mich nicht mehr quälen, um ein Outfit entsprechend zu präsentieren.
„Jennifer Lopez hat den runden Po sozusagen gesellschaftsfähig gemacht“
Inzwischen sind Plus Size Models gefragt wie nie…
Ja, trotzdem ist auch hier noch viel Platz nach oben. Denn auch bei den Plus Size Models sind nur bestimmte Typen von Frauen gefragt – meist zwischen Größe 46 und 48 und mit einer Sanduhrfigur. Da muss noch dran gearbeitet werden, weil es auch im Plus Size Bereich verschiedene Figuren gibt, nicht alle Sanduhrkörper haben.
Ich gehöre zum Beispiel zu den Frauen mit einem fülligeren Po. Diesen habe ich jahrelang zu kaschieren versucht. Bis Jennifer Lopez den runden Po sozusagen gesellschaftsfähig gemacht hat. Aber ich habe auch schon davor gedacht: „Guck einfach nicht hin, wenn du ihn nicht magst. Wenn du ihn magst, darfst du gucken.“
Wer macht die schönen Fotos auf Instagram von Ihnen?
Mein Mann. Aber wir haben seit kurzem auch eine Fotografin engagiert – weil wir die Menge allein gar nicht mehr schaffen und auch unser Privatleben nicht zu kurz kommen lassen wollen.

Mode, die große Leidenschaft von Mia. (Foto: privat)
Wie lukrativ ist Ihre Aktivität in den sozialen Netzwerken?
Es haben sich dadurch einige andere Arbeitsmöglichkeiten ergeben – wie Content Produktionen für Instagram oder die Websites anderer Firmen. Neben meinem Bürojob als Sachbearbeiterin bin ich auch festangestellte Bloggerin bei soulfully.de, dem Plus Size-Blog von OTTO.
Sie sind ja vielseitig aktiv.
Ja, vielleicht weil ich schnell gelangweilt bin und gerne unterschiedliche Dinge mache.
Könnten Sie allein von Social Media leben?
Ja – solange ich aktiv bin, kommen auch immer wieder neue Jobaufträge. Mein bestes Jahr war definitiv 2019. In dem Jahr hätte ich komplett von Instagram leben können. Doch dann kam Corona. Mittlerweile ist Instagram sehr schwierig geworden. Man braucht einen langen Atem, eine gute Strategie, muss sich viel Zeit dafür nehmen, darf aber trotzdem nicht den Spaß daran verlieren.
„Mir wurde eingeredet, dass Dicksein ein Problem ist“
Inzwischen gibt es auch in Ihrem Bereich große Konkurrenz. Wie heben Sie sich davon ab?
Ich glaube, dass ich mich schon allein vom Typ her abhebe. Ich bin zwar Deutsche, aber denke, dass es allein durch mein marokkanisches Äußeres und meine Haare nicht so viele gibt, die mir ähnlichsehen. Und ich habe den Eindruck, dass ich auch etwas entspannter und authentischer in der Handhabung von Social Media bin als viele andere. Wenn jemand zu zielgesteuert ist, merken das auch die Follower, und das kommt nicht gut an.
Sie machen nicht nur Frauen mit Übergewicht Mut, sondern auch allgemein mit Ihrer Stärke. Woraus schöpfen Sie Kraft? Wer inspiriert Sie? Und waren Sie schon immer so selbstbewusst?
Nein. Ich war ja schon immer dick und hatte auch immer wieder Probleme damit, weil mir eingeredet wurde, dass es ein Problem ist. Ich persönlich hatte eigentlich nie ein Problem damit. Es waren eher Sprüche, die von außen kamen, die ich mir zu Herzen genommen habe. Deshalb würde ich mir wünschen, dass die Leute lernen, dass das Gewicht kein Thema sein sollte. Diät-Talk bezieht sich ja nicht nur auf Dicke, sondern auch auf Dünne – das heißt, es gibt Bodyshaming in jeder Form.
„Auch meine Mutter war schon immer ein bisschen pummelig!“
Kam es häufig vor, dass Sie sich hämische Worte anhören mussten?
Oh ja! Auch meine Mutter war schon immer ein bisschen pummelig. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sie eine Freundin zu Besuch hatte, die, während ich daneben saß, anfing über mich zu sprechen. Sie sagte, dass ich ja sehr dick sei, dass das nicht gut für ein Kind wäre und sie mir ein paar Pillen empfehlen würde, die mir helfen könnten. Daraufhin konterte meine Mutter: „Meine Tochter ist völlig in Ordnung. Sie hat einen gesunden Appetit, ihr geht’s gut und ich gebe ihr sicher keine Pillen.“ Es gab viel Häme, aber ich weiß, dass ich selber kein Problem in meinem Gewicht gesehen habe. Es waren immer nur die anderen. Dick sein ist nicht das Problem, es ist nur die falsche und verbohrte Einstellung zu diesem Thema.
Weil ich ein sehr reflektierter Mensch bin, nicht nur mich selbst, sondern auch andere reflektiere, merke ich auch recht schnell, wenn Menschen ein Problem mit mir oder mit meinem Äußeren haben und frage mich dann auch, ob sie womöglich ein Problem mit sich selber haben – sodass ich tatsächlich auch Mitleid mit ihnen entwickele, weil sie mir aus irgendeinem Grund, vielleicht weil sie ein falsches Bild von sich selbst haben, etwas Negatives vermitteln möchten.
Schöne Strategie!
Ich weiß auch, dass, wenn ich selber ein Problem mit meinem Gewicht hätte, die Disziplin hätte, mit Sport und Kalorienreduktion abzunehmen. Das ist momentan jedoch nicht meine Intention.

Ihren Kleidungsstil beschreibt Mia als eine Mischung aus Freizeit und Chic. (Foto: privat)
Hatten Sie je das Bedürfnis, schlanker zu sein?
In der Pubertät hatte ich natürlich auch das Verlangen danach, dünner und meinen Freundinnen ähnlicher zu sein, und wie sie ohne Einschränkungen shoppen zu gehen. Ich habe auch immer mal wieder versucht abzunehmen. Später, mit 23, habe ich aber nicht mehr darüber nachgedacht und fand Diäten sinnlos. Heute achte ich darauf, mich gesund zu ernähren und Sport in meinen Alltag zu integrieren, aber nicht, weil ich schlanker werden möchte, sondern weil ich mich dadurch besser fühle.
„Plötzlich war ich nicht mehr die Starke, sondern die arme Kranke“
Verraten Sie mir etwas über Ihre Erkrankung, die Sie vor einigen Jahren aus der Bahn geworfen hat?
Meine Krankheit hat 2009 angefangen, und weil ich eine sehr seltene Krankheit habe, habe ich fünf Jahre lang gebraucht, bis ich überhaupt eine schlüssige Diagnose dafür hatte. Jahrelang hatten mir Ärzte gesagt, ich müsse nur abnehmen und dann ginge es mir auch gesundheitlich besser. Dass es so lange dauerte, bis ich endlich wusste, was tatsächlich mit mir los ist, hat mich lange Zeit ziemlich niedergedrückt.
Erst musste ich lernen, mich selber neu zu sehen und dann, eine neue Körpersprache zu entwickeln. Es war auch sehr hart, weil alle Menschen, die mich sahen, diese Mitleidsmiene aufsetzten – insbesondere, wenn sie mich schon im gesunden Zustand gekannt hatten. Es war so schwierig, weil ich plötzlich nicht mehr die Starke, sondern die arme Kranke und Mitleidsbedürftige war.
Wie haben Sie reagiert?
Ich habe mich da heraus kämpfen müssen, indem ich mit Persönlichkeit, Sprache und Aussehen versucht habe, auszudrücken, dass ich kein Mitleid brauchte. Ich habe den Leuten auch gesagt, dass sie kein Mitleid haben müssten, sondern ich mit dieser Tatsache leben müsse. Im Prinzip gibt es für mich zwei Arten von Leben – die eine ist, leben und glücklich sein, die andere, leben und unglücklich sein. Und ich habe mich für Glücklichsein entschieden. Meinen Mann kannte ich, bevor ich krank wurde, aber geheiratet und ein Kind bekommen haben wir erst, als ich krank war. Daraus habe ich viel Energie geschöpft – weil ich gelernt habe, dass ich trotzdem alles machen kann. Meine Behinderung hindert mich nicht daran zu leben, sondern nur daran zu gehen.
„Mein Fuß macht nicht mehr das, was das Gehirn ihm signalisiert“
Was genau war Ihre Diagnose?
Die Krankheit hat keinen Namen. Es ist nur ein Syndrom, welches sich Kausalgie-Dystonie-Syndrom nennt. Das bedeutet im Grunde, dass ich die Kontrolle über die Muskulatur in meinem Fuß verloren habe. Das Gefühl ist da, aber mein Fuß macht nicht mehr das, was das Gehirn ihm signalisiert.
Wie fing das an? Wissen Sie, was der Auslöser war?
Nein, weil es kaum wissenschaftliche Studien darüber gibt. Es fing langsam an, mit einem komischen Gefühl im Fuß, was sich verstärkte. Ein Gefühl, ähnlich wie bei einer Bänderzerrung bis hin zu einem Waden-Fuß-Krampf. Es wurde so schlimm, dass ich beim Laufen so starke Schmerzen bekam, dass ich nur noch mit Krücken ging, um den Fuß zu entlasten. Zu dem Zeitpunkt war ich noch mitten im Studium und habe nebenbei noch im Einzelhandel gearbeitet. Irgendwann ging das aber nicht mehr. Leider ist die Krankheit bis heute nicht therapierbar.
Wie hat Ihre Familie reagiert, als Sie krank wurden?
Es war sehr schwierig. Weil ich ja immer schon sehr eigenständig war und nie Hilfe gebraucht oder angenommen habe. Dass ich dann auf einmal diejenige war, die Hilfe brauchte, war für alle sehr schwierig. Ich musste aufgrund dessen auch meinen Studienort verlassen und zurück zu meinen Eltern nach Hagen ziehen. Dort haben mir sowohl meine Eltern als auch mein Bruder und meine Schwester sehr geholfen. Für mich war es natürlich nicht so toll, dass ich auf Hilfe angewiesen war, und es war schwierig, mit der Situation zurechtzukommen.
Wer ist heute Ihre größte Stütze?
Mein Mann. Er hat immer schon alles dafür getan, dass es mir gut geht. Und er hat mir immer geholfen. Er hat sogar sein schönes Auto verkauft, um ein rollstuhlgerechtes zu kaufen. Das war für einen jungen Mann auf jeden Fall ein großes Opfer.
„Meine Krankheit ist sozusagen ein Systemfehler“
Sie haben ja einiges unternommen – wie zum Beispiel einen Workshop in den Niederlanden besucht. Was hat geholfen?
Der Workshop bei Dr. Joaquin Farias war eine der besten Investitionen, die ich machen konnte. Dabei habe ich am meisten über meine Krankheit erfahren. Denn alles, was mir dieser Arzt aus Toronto gesagt hat, hat sich nicht nur sehr schlüssig angehört, sondern auch alles, was er mir gezeigt hat, hat geholfen, dass es mir besser geht.
Sie haben gelernt, mit der Krankheit besser umzugehen?
Ja. Ich habe dank dieser Übungen sogar Momente am Tag, wo ich ohne Schmerzen laufen kann. Die Theorie des Arztes ist, dass ich durch psychischen Druck eine Art Signalstörung entwickelt habe und dass sich so das Gehirn auf Weglaufen eingestellt hat – meine Krankheit sozusagen ein Systemfehler ist. Ich hoffe, dass sich die Synapsen irgendwann wieder neu verknüpfen. Auch wenn ich bis heute nicht weiß, welcher psychische Druck bei mir der Auslöser gewesen sein könnte, hat sich seine Theorie für mich sehr schlüssig angehört, denn mein Fuß nimmt eine Stellung wie bei einem Baby ein, das laufen lernt. Der Arzt zeigte mir Videos von Babys, die anfangen zu laufen, und nahm auch mich zum Vergleich auf. Dabei erklärte er mir, dass ich das Laufen quasi auch neu lernen muss, damit sich die Synapsen im Gehirn neu verknüpfen. Mittlerweile weiß ich, dass er Recht hat, weil ich durch Lauf-Übungen symptomfreie Momente erreicht habe. Und ich hoffe, dass sich die Synapsen mit der Zeit mehr und mehr verknüpfen, ich womöglich irgendwann wieder schmerzfrei laufen kann.
Sind Sie nach wie vor auf Gehhilfen oder einen Elektroscooter angewiesen?
Ja. Ich habe die Gehhilfen. Und wenn ich längere Wege, wie zum Einkaufen, zurücklegen muss, fahre ich mit dem Scooter. Wenn ich den Fuß nicht belaste, brauche ich auch keine Schmerzmittel.
Wissen Sie, ob der Verlauf Ihrer Krankheit schlimmer werden kann oder gleichbleibend ist?
Mein Arzt hat mir damals gesagt: Wenn sich die Probleme fünf Jahre lang nur auf den Fuß beschränken, kann ich davon ausgehen, dass der restliche Körper verschont bleibt. Die fünf Jahre habe ich inzwischen überstanden, insofern bin ich positiv gestimmt.
„Für mich gibt es keinen Nachteilsausgleich“
Stimmt es, dass Sie aufgrund der Seltenheit der Erkrankung tatsächlich keinen Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen können?
Ja, das ist so. Ich hatte beim Versorgungsamt eine Behinderung angegeben, aber diese wurde aufgrund der Seltenheit nicht anerkannt. Auch trotz langem Hin und Her und auch Angabe meiner zusätzlichen sozialen Probleme, bekam ich keine Hilfe und habe vieles auf eigene Kosten finanziert. Den Scooter und die Gehhilfe bekam ich, weil mir mein Arzt bescheinigte, dass ich nicht laufen kann. Ansonsten bekomme ich bis heute keine Unterstützung.
Weder auf Ihrem Blog noch auf Instagram thematisieren Sie Ihre Krankheit. Social Media war bisher Ihre „gesunde Welt“. Was ist der Grund?
Ich wollte keine Mitleidsfollower und der Focus sollte weiterhin auf den Outfits liegen.
„Ich übernehme für mich selbst die Verantwortung“
Stimmt es, dass Veranstalter Sie ausgeladen haben, als sie von Ihrer Gehbehinderung erfuhren?
Ja, das ist mir schon am Anfang meiner Krankheit sehr bewusst geworden, als ich zu einer Veranstaltung eingeladen war und angefragt hatte, wie ich mit dem Rollstuhl hereinkäme. Daraufhin hat man mir ans Herz gelegt, doch gar nicht erst die Veranstaltung zu besuchen. Man hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen.
Das fand ich so hart, dass ich ab dem Moment meine Behinderung verschwiegen habe und mich künftig vorab selber beim jeweiligen Veranstaltungsort über die Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer informiert habe, bevor ich dort im Rollstuhl aufgetaucht bin. Ich habe erst gar nicht mehr versucht, mich in eine Situation zu bringen, in der jemand anderes verantwortlich für mich gewesen wäre, sondern alles selbst geregelt. Das kam im Endeffekt auch ganz gut an.
Bewundernswert!
Meine Lebenseinstellung ist sicher: „Jetzt erst recht!“ Gerade wenn ich von einer Firma eine derartige Ansage bekomme. Ich habe in meinem Leben viel Zeit zu verlieren, habe, als ich krank geworden bin und nicht wusste, wo ich anfangen und aufhören sollte, viel Zeit verloren und denke mir mittlerweile: Einfach durchziehen und machen, was mein Herz mir sagt, statt warten und lange überlegen.
Können Sie sich vorstellen, zukünftig eventuell doch auch in den Sozialen Netzwerken Ihre Krankheit zu thematisieren, statt sie zu verstecken und Leuten, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, Mut zu machen?
Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, aber momentan ist das nicht geplant.
„Auf Influencer-Events sehen die Mädels alle gleich aus“
Was halten Sie eigentlich von dem allgemeinen Optimierungswahn – der sich auf Social Media immer breiter macht?
Natürlich verurteile ich das, weil das Individuelle total verloren geht. Ich finde es traurig, weil sich die jungen Frauen auf Instagram immer ähnlicher werden. Auf früheren Influencer-Events habe ich oft gedacht, dass die Mädels dort alle gleich aussahen.
Glauben Sie, dass es irgendwann mal eine Trendwende in Richtung „Back to Nature“ geben wird? Wäre doch schön!
Natürlich wäre das schön. Aber wenn man sich anguckt, wie sich die Plastische Chirurgie seit den 80er-Jahren bis heute entwickelt hat, kann man feststellen, dass es immer wieder neue Schönheitsideale gab. In den 90er-Jahren ging es mit den Brustimplantaten los, im Jahr 2000 kamen die Poimplantate hinzu, jetzt sind aufgespritzte Lippen und gemachte Augenbrauen im Trend. Fakt ist, dass nichts davon weggefallen, sondern immer mehr hinzugekommen ist. Deswegen glaube ich nicht, dass Natürlichkeit wieder im Kommen ist.
Was geben Sie Ihrer Tochter mit auf den Weg?
Ich versuche sie stets dahingehend zu erziehen, Selbstbewusstsein und Selbstliebe zu entwickeln. Ich bereite sie auch auf spätere Situationen vor, wenn Äußerlichkeiten immer wichtiger werden und gebe ihr positive Affirmationen mit auf den Weg, um sie zu bestärken. Zum Beispiel: „Ich mag mich so, wie ich bin. Was du nicht an mir magst, ist mir egal“ oder „Jeder sieht anders aus und wir dürfen alle verschieden sein“. Meine Tochter soll auch Akzeptanz für andere entwickeln.
„Im Moment mache ich gerne Ausdauertraining auf dem Heimtrainer“
Wer inspiriert Sie am meisten, und was hat Sie in Ihrem Selbstbewusstsein bestärkt?
Inspirationsquellen habe ich keine. Ich bin einfach offen und lese viel. In meinem muslimischen Glauben ist der Schicksalsgedanke ganz stark. Das heißt, wenn etwas passiert, was du dir wünschst, dann bist du dankbar dafür. Und wenn etwas passiert, was man sich nicht wünscht, ist es eine Fügung, die dich aus irgendeinem Grund in eine andere Richtung lenkt. Aus diesen Glaubenssätzen ziehe ich viel Positives. Dankbarkeit finde ich allgemein ganz wichtig. Mit Dankbarkeit startest du immer positiv in den Tag.
Was tun Sie für Ihre Gesundheit, Ihr Wohlbefinden und Ihre positive Lebenseinstellung?
Ich hatte einen Personal Trainer, der mir viel über Motivation und Ziele erklärt hat. Und diese Ziele versuche ich auch zu erreichen, indem ich regelmäßig Bewegung in meinen Tag einbaue. Im Moment mache ich gerne Ausdauertraining auf meinem Heimtrainer und viele Dehnübungen. Ich versuche auch, mein Essverhalten noch bewusster zu gestalten, informiere mich intensiv über die Bestandteile in Lebensmitteln und was sie mit dem Körper machen.
„Ich möchte so lange wie möglich gesund leben“
Haben Sie ein Mittel gegen den „inneren Schweinehund“?
Es ist wirklich entscheidend, welche Motivation man hat. Ich war viele Jahre im Fitnessstudio angemeldet, mit dem Ziel abzunehmen. Aber das war eigentlich keine Motivation, weil ich in Wirklichkeit gar nicht den Wunsch hatte, sondern der Druck eher von außen kam. Meine aktuelle Motivation ist es, so lange wie möglich gesund zu leben, und solange dieser Wunsch tatsächlich auch ein Herzenswunsch ist, bleibt man auch länger am Ball.
Was sind Ihre Pläne und Wünsche für die Zukunft?
Ich würde mir wünschen, dass ich künftig mit meiner Social Media-Aktivität so gut leben kann, dass ich weniger Beeinträchtigungen in meinem Alltag habe und wir zum Beispiel in eine behindertengerechte Wohnung umziehen können. Auch hier in Essen ist es leider extrem teuer geworden.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Wenn nicht jetzt, wann dann?!
Vielen Dank für das Interview.
Zur PersonMia (36) wohnt mit ihrem Ehemann und ihrer fast fünfjährigen Tochter in Essen. Ihre Eltern stammen aus Marokko, Mia selbst ist in Deutschland geboren und in Hagen aufgewachsen. Sie betreibt den Blog infatstyle.de und hat auf ihrem Instagram-Account über 10.000 Follower. 2009 wurde bei ihr das Kausalgie-Dystonie-Syndrom diagnostiziert, seitdem ist sie in ihrer Mobilität stark eingeschränkt.
(RP)

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