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Gesundheit & Medizin

Hilfe bei Verdauungsproblemen: Was der FODMAP-Verzicht bringt

Der Begriff ist vielen unbekannt, dabei gelten „fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole“ als häufige Ursache von Blähungen und Bauchschmerzen. Wie Sie testen können, ob bei Ihnen möglicherweise eine Unverträglichkeit besteht. Von Julia Felicitas Allmann

Mann hält sich den Bauch
Menschen mit empfindlichem Verdauungstrakt können von der Ernährungsumstellung womöglich profitieren. (Foto: Christin Klose/dpa)

FODMAP, das klingt nach einem neuen Kartendienstanbieter im Internet. Tatsächlich aber ist es ein Begriff aus der Ernährungswissenschaft – und gerade Menschen mit Verdauungsbeschwerden sollten ihn kennenlernen. „FODMAP stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt: fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole“, zählt die Ernährungstherapeutin Karina Haufe auf. FODMAPs seien also eine Gruppe kurzkettiger Kohlenhydrate und Zuckeralkohole, sagt die Buchautorin („Der einfachste FODMAP-Guide aller Zeiten“).

Das Problem an diesen Stoffen ist, dass der Dünndarm sie nur unzureichend aufnehmen kann. Sie gelangen größtenteils unverdaut in den Dickdarm. Dort werden FODMAPs von Bakterien fermentiert. Dieser Gärungsprozess kann zu Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Sodbrennen und Übelkeit führen.

Das betrifft insbesondere Menschen, die eh schon mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, dem Reizdarmsyndrom oder funktionellen Magen-Darm-Beschwerden zu kämpfen haben. Sie reagierten häufig stark auf eine FODMAP-reiche Nahrung und sollten deswegen auf die beschriebenen Beschwerden vermehrt achten, rät Haufe.

Weniger Verdauungsbeschwerden, mehr Lebensqualität

Da diese Symptome weit verbreitet sind, ist auch eine FODMAP-arme Kost mittlerweile Bestandteil vieler Ernährungsratschläge. Entwickelt wurde das Konzept um das Jahr 2010 herum von australischen Forschern, seitdem hat sich die Idee weltweit verbreitet.

Prof. Dr. med. Martin Storr

Prof. Dr. med. Martin Storr ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie am Internistenzentrum Gauting-Starnberg. (Foto: Martin Storr/dpa)

Eine Ernährung mit wenig FODMAPs reduziert laut Haufe in vielen Fällen die Verdauungsbeschwerden. Auch Begleitsymptome einer Unverträglichkeit – etwa Müdigkeit und Schlappheit – bessern sich oft. Die Lebensqualität steige. Zu beachten ist: Nicht alle Menschen leiden unter FODMAP-reicher Kost. „Zunächst sollte man verstehen, dass FODMAPs nicht ungesund sind“, sagt Prof. Martin Storr, Facharzt für Innere Medizin sowie Gastroenterologie und Autor des Buches „Das Reizdarm-Programm“.

FODMAP-reiche Lebensmittel seien nur bei Reizdarmbeschwerden ungünstig, weil sie Beschwerden ermöglichen oder auslösen. „Diese Lebensmittel sind also nicht ungesund, sondern beschwerdeinduzierend – das ist ein Unterschied“, stellt der Mediziner klar.

Weniger Gase durch weniger FODMAPs

Storr beobachtet, dass viele Patientinnen und Patienten, die von verschiedenen Symptomen im Verdauungstrakt geplagt werden, mit einer Umstellung auf FODMAP-arme Kost gute Erfahrungen machen. „Es bietet Vorteile“, sagt er. „Weil man weniger gebläht ist, weil man weniger Bauchschmerzen und Bauchkrämpfe hat, weil man weniger Unwohlsein im Bauch hat und weil sich der Stuhl sehr günstig reguliert.“

Der Experte erklärt den medizinischen Hintergrund: „Die Darmflora freut sich riesig auf FODMAP-reiche Lebensmittel, stürzt sich auf die FODMAP-reichen Nahrungsbestandteile und macht das, was sie kann“, so Storr. Nämlich sehr gut fermentieren. „Dabei entstehen viele Gase.“ Diese könnten sich in Blähungen zeigen oder den Bauch von innen heraus aufblähen. „Das verursacht einen Dehnungsschmerz oder krampfartige Schmerzen.“

Gut geeignet: Bananen, Reis, Feta oder Fleisch

Eine Umstellung auf FODMAP-arme Kost muss nicht in ärztlicher Begleitung erfolgen, jeder kann es für sich ausprobieren. „Es gibt grundsätzlich keine Nachteile“, sagt Storr.

Die Liste von FODMAP-armen Lebensmitteln umfasst beispielsweise Ananas, Bananen, Blaubeeren, Melonen und Mandarinen, genau wie Brokkoli, Möhren und Gurken. Unter den Getreidesorten sind Hafer, Dinkel oder Reis zu empfehlen. Langgereifte Käsesorten wie Camembert, Feta und Parmesan sind ebenfalls geeignet. Butter, Kokosmilch, Olivenöl, Fleisch, Fisch und Ei zählen dazu.

Salat aus Fetakäse, Paprika und Gurke

Gute Wahl: Mit einem Salat aus Fetakäse, Paprika und Gurke nimmt man nur sehr wenige FODMAPs auf. (Foto: Christin Klose/dpa)

Lang ist auch die Auflistung von Lebensmitteln mit hohem FODMAP-Gehalt. Nur ein kurzer Auszug: Schokolade, Schmelzkäse, Ketchup, Honig, Weizenmehl, Rosinen und Kirschen tauchen in den Listen auf. Wer sich für eine Umstellung interessiert, sollte sich eine solche Auflistung aus dem Internet oder aus einem Fachbuch beschaffen und die neue Ernährungsform ausprobieren.

„Auch ein gesunder Mensch kann sich bedenkenlos danach ernähren“, sagt Storr. Man werde dann natürlich keine Besserung von Beschwerden spüren, weil man keine hatte. Es sei in klinischen Studien sehr gut gezeigt worden, dass an sich beschwerdefreie Patienten durch eine Umstellung auf eine FODMAP-reduzierte Lebensmittelauswahl keine Veränderung verspürt haben, so der Experte.

Herausfinden, was gut vertragen wird

Liegen Beschwerden vor, empfiehlt Ernährungsberaterin Karina Haufe, zunächst herauszufinden, auf welche FODMAPs man selbst reagiert. „Es ist nicht das Ziel, für immer alle zu vermeiden. Dies ist nur in der Karenzphase angedacht und auch dann nur, wenn Unverträglichkeiten nicht bereits anderweitig ausgeschlossen wurden“, sagt sie.

Als Karenzphase bezeichnet man die Zeit, in der auf die möglicherweise für einen selbst ungünstigen Lebensmittel verzichtet werden soll. Nach der Karenzphase werde gezielt auf einzelne FODMAPs getestet, so Haufe. So kann man herausfinden, auf welche davon eine Person reagiert. Auch die Menge kann eine Rolle spielen.

Hilfreich sei ein Ampelsystem, in dem Lebensmittel nach ihrem FODMAP-Gehalt eingeteilt werden: Grün, Gelb oder Rot zeigen an, wie hoch der Gehalt ist – und damit die Wahrscheinlichkeit, dass man als Mensch mit einem empfindlichen Verdauungstrakt auf eine bestimmte Speise mit Beschwerden reagiert.

Im Herbst besonders leicht

Eine FODMAP-arme Ernährung ist vom Frühstück bis zum Abendessen und über das gesamte Jahr hinweg möglich. „Im Herbst ist es besonders einfach, denn Kürbis und Kartoffeln sind sehr gut verträglich und können daher vielfältig kombiniert werden“, sagt Haufe.

Als Idee für einen FODMAP-armen Start in den Tag schlägt sie Porridge mit Mandarinen oder Rührei mit Speck vor. Mittags könnten Kürbissuppe oder ein Stück Fisch mit Kohlrabi-Kartoffel-Gemüse auf den Teller kommen. Für das Abendessen empfiehlt sie Ofenkürbis mit körnigem, laktosefreiem Frischkäse oder eine Hirse-Quinoa-Gemüsepfanne.

(RP/dpa/tmn)

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