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Gesellschaft & Politik

Handicap International fordert Teilhabeleistungen für Geflüchtete

Ab Juni ändert sich die Rechtslage für Menschen mit Behinderung aus der Ukraine – der Zugang zur Eingliederungshilfe bleibt aber eine Ermessensentscheidung.

Flüchtlinge mit Behinderung an einem Bahnhof in Polen bei einem Zug Richtung Westeuropa
Ukrainische Flüchtlinge auf dem Weg nach Westeuropa. (Foto: Shutterstock

Die Vereine Handicap International e.V., Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB), Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm), Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. – CBP, Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. und Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. kritisieren die neuen Regelungen der Bundesregierung für den Leistungszugang geflüchteter Menschen aus der Ukraine und befürchten, dass der Zugang zu Leistungen für Geflüchtete mit Behinderung aus der Ukraine künftig schwierig bleibt. Menschen mit Behinderung wurden in dem neuen Gesetz an entscheidender Stelle vergessen, so die Vereine. Damit sei die Chance verpasst, Bedarfe geflüchteter Menschen mit Behinderung angemessen zu berücksichtigen.

Geflüchtete mit Behinderung besonderer Belastung ausgesetzt

In Folge des Kriegs in der Ukraine erreichten zwischen Ende Februar und 11. Mai 2022 rund 727.200 Personen aus der Ukraine Deutschland. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Menschen mit Behinderung. Sie sind den Belastungen der Flucht in besonderer Weise ausgesetzt. Ab 1. Juni 2022 erhalten geflüchtete Menschen aus der Ukraine Zugang zu Leistungen wie in den Gesetzen SGB II und SGB XII geregelt. Der Zugang zur Eingliederungshilfe nach SGB IX bleibt hingegen unklar. Doch gerade die vielen wichtigen Teilhabeleistungen nach dem SGB IX sind für Menschen mit Behinderung von hoher Bedeutung.

Künftig kommt §100 Abs. 1 SGB IX zum Tragen. Dort heißt es:

„Ausländer, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, können Leistungen nach diesem Teil erhalten, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist.“

Geflüchtete Menschen mit Behinderung aus der Ukraine erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe so nur über eine Ermessensentscheidung. Zwar existiert ein theoretischer Rechtsanspruch auf Leistungen, ein Informationsschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 29.04.22 stellt das klar. In der Praxis ist aber mit langen Wartezeiten und großem Verwaltungsaufwand zu rechnen. Es muss davon ausgegangen werden, dass viele Anträge auf Eingliederungshilfe für geflüchtete Menschen auch abgelehnt werden und so wichtige Leistungen versagt bleiben oder erstritten werden müssen.

Gemeinsam fordern deshalb Handicap International e.V., Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB), Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm), Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. – CBP, Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. und Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V

  • Eine verbindliche Klarstellung des Leistungsanspruchs für geflüchtete Menschen aus der Ukraine zu Leistungen der Eingliederungshilfe und
  • Die Aufhebung von § 100 Abs. 2 SGB IX. Der Paragraph schließt geflüchtete Menschen von Leistungen der Eingliederungshilfe größtenteils aus. Mit seiner Streichung können Ausschlüsse über die Gruppe der Menschen aus der Ukraine hinaus beendet werden (vgl. Gemeinsames Schreiben der Fachverbände vom 05.04.2022).

(RP/PM)

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