Donnerstag, 2. September 2021: Die ROLLINGPLANET-Zusammenfassung mit den wichtigsten Ergebnissen, Ereignissen und Stimmen des 8. Wettkampftags der Paralympischen Spiele (24. August – 5. September 2021) in Tokio.
Zweimal Silber und einmal Gold
Team Deutschland sicherte sich heute drei Medaillen bei den Paralympics in Tokio. Jana Majunke, die sich bereits gestern Gold holte, triumphierte im Straßenrennen, ihre Teampartnerin Angelika Dreock-Käser wurde Zweite. Irmgard Bensusan holte ihre zweite Silbermedaille auf 100 Meter. Mit dem gewonnenen Edelmetall rückt die Bundesrepublik auf Platz 11 (10/9/15) im Medaillenspiegel vor. In den Top 3 überholt Großbritannien (34/27/35) wieder das Russische Paralympische Komitee (32/23/42) , China (77/46/44) führt unverändert mit insgesamt 167 gewonnenen Medaillen.
Kanu-Finale: Gold für Müller zum Greifen nah
Trotz unerwarteten Dauerregens und ihrer anstrengenden Doppelrolle als stillende Mutter und Athletin hat Edina Müller auf direktem Weg das Kanu-Finale bei den Paralympics in Tokio erreicht und sich als Gold-Kandidatin in Stellung gebracht. Die Hamburgerin gewann ihren Vorlauf. Sie kann sich das Halbfinale sparen und steht direkt im Endlauf am Samstag um 3:48 Uhr deutscher Zeit.

Gold in Reichweite: Edina Müller zog ins Finale ein. (Foto: Marcus Brandt/dpa)
Müllers Traum: Es der Kollegin Annika Zeyen nachzumachen. Gemeinsam mit der Bonnerin gewann sie 2012 in London Gold im Rollstuhlbasketball. Zeyen holte nach ihrem Sportart-Wechsel in Tokio den Titel im Handbike. Im heutigen Para-Sport eine absolute Seltenheit. „Es wäre super, wenn ich ihr das nachmachen könnte“, sagte Müller:
„Natürlich ist das der Traum. Aber die Rennen sind sehr knapp. Man kann Erste oder Sechste werden. Wenn alles gut läuft, ist eine Medaille drin. Aber welche Farbe kann man nicht sagen.“
Zumal für die 38-Jährige alles etwas stressiger ist als für die Rivalinnen. Ihr zweijähriger Sohn Liam ist zwar in Tokio dabei, doch im Alltag klappt das nur „mäßig. Das IPC hat uns den Zugang zu allen Stätten verwehrt, weil Liam keine Akkreditierung mehr hat und diese auch nicht erneuert wurde“, sagte Müller, die mit ihrem Sohn und Partner Niko im Hotel wohnt: „Es ist stressig und anstrengend. Weil ich die ganze Zeit hin und her fahre. Zum Essen, zu Teammeetings oder zur Physio muss ich ja ins Paralympische Dorf.“
Und dann hatte ihr eigentlich noch das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Ich habe mich auf ganz was anderes vorbereitet. Und eigentlich auch auf ganz was anderes gefreut“, sagte Müller: „Es ist mein Wetter, wenn es heiß ist. Jetzt hab ich richtig gefroren und gedacht, das muss jetzt nicht sein. Zum Glück habe ich es im Kopf hingekriegt und alles ist nach Plan gelaufen.“ Das Halbfinale habe sie zwar eingeplant gehabt. Da es eine halbe Stunde vor dem Finale steigt, „bin ich aber froh, dass ich da nicht rein muss und das überspringen kann“.
Gold und Silber im Straßenrennen: Majunke und Dreock-Käser gewinnen erneut
Die Dreirad-Fahrerinnen Jana Majunke und Angelika Dreock-Käser haben bei den Paralympics einen deutschen Doppelerfolg gefeiert. Die 31 Jahre alte Majunke gewann am Donnerstag nach dem Zeitfahren auch das Straßenrennen über 26,4 Kilometer in Oyama und holte die zehnte deutsche Goldmedaille in Japan. Die Cottbuserin mit spastischen Bewegungsstörungen dominierte von Beginn an das Feld, konnte sich schnell absetzen und siegte in 1:00:58 Stunden.
Ihre 23 Jahre ältere Vereinskollegin Angelika Dreock-Käser, die nach einem Schlaganfall erstmals bei Paralympics startete, kam nach 1:03:40 Stunden als Zweite ins Ziel und jubelte nach Bronze im Zeitfahren ebenfalls über ihr zweites Edelmetall.
Rad-Staffel: Zeyen verpasst dritte Para-Medaille
Paralympicssiegerin Annika Zeyen hat ihre dritte Radsport-Medaille bei den Spielen in Tokio verpasst. In der Mixed-Staffel wurde die querschnittsgelähmte Bonnerin gemeinsam mit ihren Team-Kollegen Bernd Jeffre und Vico Merklein in 53:55 Minuten Vierte. Italien (52:32) holte auf der ehemaligen Formel-1-Strecke am Fuße des Fuji Gold, dahinter kamen Frankreich (53:03) und die USA (53:11) ins Ziel. Zeyen holte zuvor im Zeitfahren Gold und im Straßenrennen Silber.
Belgisches Team unter Schock: Tennisspieler bricht zusammen
Das belgische Team bei den Paralympics in Tokio steht unter Schock: Wie das Paralympische Komitee Belgiens mitteilte, ist Rollstuhltennis-Spieler Joachim Gerard am Mittwochabend im Athletendorf ohnmächtig zusammengebrochen. Er sei in die Notaufnahme gebracht worden, habe das Bewusstsein wieder erlangt und sei ansprechbar. Erste Untersuchungen weisen demnach auf ein Herzproblem hin, weitere Untersuchungen sollen folgen.

Sorge um Tennisspieler Joachim Gerard – der Belgier befindet sich derzeit nach einem Zusammenbruch im Krankenhaus. (Foto: IMAGO/Belga)
Der 32 Jahre alte Gerard erkrankte im Alter von zehn Monaten an Kinderlähmung. Er ist früherer Weltranglisten-Erster, holte 2016 bei den Paralympics in Rio Gold und gewann in diesem Jahr die Grand-Slam-Turniere in Australien und Wimbledon.
Gold-Traum geplatzt: Rollstuhl-Basketballerinnen verlieren Halbfinale
Die deutschen Rollstuhl-Basketballerinnen haben das Gold-Finale bei den Paralympics verpasst. Im Halbfinale verlor der Zweite von Rio de Janeiro 2016 am Donnerstag in Tokio gegen den Welt- und Europameister Niederlande mit 42:52 und steht erstmals seit 2004 nicht im Paralympics-Endspiel. Am Samstag geht es dann um Bronze gegen den Verlierer der Partie USA gegen China.
Lange war die Begegnung ausgeglichen. Beide Defensivreihen hatte das Match größtenteils im Griff. Im vierten Viertel waren die Niederländerinnen dagegen effizienter. Zudem bekam die Mannschaft von Bundestrainer Dennis Nohl die überragende Spielerin Mariska Beijer nie in den Griff. Mit 30 Punkten war die Niederländerin mit Abstand beste Werferin und hatte großen Anteil am Sieg.
Für Deutschland waren einmal mehr Katharina Lang (18 Punkte) und Fahnenträgerin Mareike Miller (14) die treffsichersten.
Tischtennis: Schmidberger und Brüchle verlieren erneut gegen China
Thomas Schmidberger und Thomas Brüchle haben die große Chance auf ihr erstes Tischtennis-Gold bei Paralympics vergeben. Durch ein 1:2 verloren die beiden querschnittsgelähmten Athleten zum dritten Mal nacheinander im Endspiel des Teamwettbewerbs gegen China. Beim Stand von 1:1 schien der Sieg diesmal griffbereit, als die deutsche Nummer eins Schmidberger gegen die chinesische Nummer zwei Xiang Zhai antrat und mit 2:0 Sätzen vorne lag. Doch der 29 Jahre alte Düsseldorfer verlor die Partie noch mit 2:3 (11:7, 12:10, 4:11, 7:11, 4:11).

Haben es beim Tischtennis ins Team-Finale geschafft: Thomas Schmidberger (r.) und Thomas Brüchle (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
Schon 2012 in London und 2016 in Rio hatten Schmidberger und Brüchle jeweils das Finale gegen die Chinesen verloren. Schmidberger unterlag zudem in Rio und nun auch in Tokio im Einzelfinale gegen Panfeng Feng. Es ist somit seine fünfte Silbermedaille bei Paralympics, auf Gold wartet er noch, alle Endspiele verlor er gegen China.
Im Doppel hatte das deutsche Duo zunächst Zhai und Feng mit 3:2 niedergerungen (11:8, 15:13, 4:11, 7:11, 11:9). Anschließend hielt der 45 Jahre alte Brüchle aus Frickenhausen gegen Ausnahmespieler Feng gut mit, musste sich aber mit 1:3 (13:11, 3:11, 8:11, 9:11) geschlagen geben.
Antrag auf der Laufbahn: Guide hält um Hand seiner Läuferin an
Dieser Moment bewegt bei den Paralympics alle: Nach dem 200-Meter-Vorlauf in Tokio ging Begleitläufer Manuel Vaz de Veiga auf die Knie und hielt auf der Laufbahn des Olympiastadions um die Hand der sehbehinderten Sprinterin Keula Pereira Semedo an. Als Vierte und damit Letzte ihres Vorlaufs hatte das Duo aus Kap Verde die Qualifikation für das Finale verpasst. Doch das war in diesem Moment egal. Pereira Semedo sagte gerührt Ja. „Treffender könnte das Motto ‚United by Emotion‘ kaum sein“, schrieb das Internationale Paralympische Komitee (IPC).
💍He *the guide* put a ring on it 💍
💕Guide proposed to 🇨🇻 Cape Verde Para athlete after the 200m T11 heats.
👰🏾♀️ + 🤵🏾♂️ Keula Nidreia Pereira Semedo & Manuel Antonio Vaz de Veiga #ParaAthletics #Paralympics #Tokyo2020
pic.twitter.com/f6a7aXxXGL— #ParaAthletics #Tokyo2020 (@ParaAthletics) September 2, 2021
„Wir sind seit elf Jahren zusammen. Also dachte ich, es sei an der Zeit“, sagte Vaz de Veiga (30): „Und ich hielt das Stadion für den besten Ort. Es ist ihr zweites Zuhause.“ Vor der Frage aller Fragen hatte er alle anderen Athletinnen und ihre Guides aus dem Lauf versammelt.
„Ich habe keine Worte dafür, wie ich mich fühle. Aber ich bin sicher, unsere Eltern werden verrückt vor Freude“, sagte die künftige Braut (32), die nun sogar ihr geplantes Karriereende verschieben will. „Es waren meine ersten Paralympics. Und angesichts meines Alters und meiner Geschwindigkeit habe ich eigentlich darüber nachgedacht aufzuhören. Aber jetzt habe ich eine zusätzliche Motivation weiterzumachen. Immer mit ihm an meiner Seite.“
Nach viermal Silber: Bensusan Zweite im 100-Meter-Vorlauf
Sprinterin Irmgard Bensusan ist bei den Paralympics in Tokio als Zweitschnellste der 100-Meter-Vorläufe ins Finale am Freitag (12.14 Uhr deutscher Zeit) eingezogen. Die 30-Jährige, die eine Nervenschädigung im rechten Unterschenkel hat, war mit 13,01 Sekunden nur 19 Hundertstelsekunden langsamer als Marlene van Gansewinkel. Die Leverkusenerin Bensusan hatte nach dreimal Silber vor fünf Jahren in Rio über die 200 Meter in Tokio erneut Rang zwei belegt und hofft am Freitag auf die erlösende Goldmedaille.
(RP/dpa)

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