Wenn Florian G. an diesem Nachmittag aus dem Stall kommt, sieht man ihm den Stolz darauf an, hier zum Fütterungsteam der Milchkühe dazu zu gehören. Erst Anfang September hat er sein FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) auf dem Biohof begonnen und kennt sich mit den Abläufen hier aber schon bestens aus. Mit seiner vorherigen Tätigkeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung war er weniger zufrieden, macht der junge Mann deutlich, das FÖJ will er deswegen nutzen um etwas Neues kennenzulernen.
Damit liegt er im Trend – allein in Niedersachsen können jedes Jahr gut 300 junge Menschen zwischen 16 und 26 eine solche Chance nutzen „den Horizont zu erweitern und mehr über sich selbst zu lernen“ wie die Homepage der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (NNA) informiert. Die Bandbreite bei Einsatzstellen und Teilnehmenden ist dabei vielfältig. Unter jungen Menschen mit Behinderung ist diese Möglichkeit allerdings bisher wenig bekannt. Das soll anders werden, hatte sich ein Team des „Netzwerk alma“ vorgenommen und in Kooperation mit der NNA das Projekt „FÖJ für ALLE!“ ins Leben gerufen. Das gemeinsame Ziel ist es, das FÖJ für junge Menschen mit Behinderung zugänglicher zu gestalten.
Erste Zwischenbilanz positiv
An vielen Stellen ist das in Niedersachsen geglückt, so die erste Zwischenbilanz. Auch in Verden spürt man Stolz, wenn das Projektteam von Florian G. und den acht weiteren Teilnehmer*innen berichtet, die über das Netzwerk alma 2022 ihren FÖJ Platz gefunden haben. „In den letzten Wochen haben wir viele von ihnen zu ersten Reflexionsgesprächen besucht. Es ist schön zu sehen, wie freudig und motiviert die jungen Menschen ihre Aufgaben angehen und wie viel alle Beteiligten in diesen Wochen dazugelernt haben“, schildert Stefanie Hecht.
Mit Beteiligten meint die Projektmitarbeiterin dabei ausdrücklich auch die Teams bei den Einsatzstellen und den Seminaren. Denn Inklusion könne vor allem dann gelingen, wenn auch das Umfeld trainiert, sich auf die Möglichkeiten der einzelnen Menschen einzustellen. Ein Prozess, von dem nicht nur Menschen mit Behinderung profitieren, davon ist die Pädagogin überzeugt.
„Wir wollen kein Sonder-Programm für Menschen mit Behinderung auflegen“,
betont Initiatorin Rebecca Kleinheitz. „Vielmehr wollen wir einige der Hürden abbauen, vor denen junge Menschen mit Behinderung stehen, um ihnen den gleichen Zugang zu Wahl- und Orientierungsmöglichkeiten zu eröffnen wie anderen auch.“
Fester Ansprechpartner für Teilnehmer
Die Kolleg*innen beim Netzwerk alma unterstützen deswegen die Teilnehmenden und deren Angehörigen zum Beispiel bei der Suche nach einer geeigneten Einsatzstelle oder dem Aufbau eines geeigneten Unterstützungsnetzwerks vor Ort. Auch über das gesamte FÖJ-Jahr stehen sie den Teilnehmer*innen beratend zur Seite. Möglich wird dieses Engagement durch eine Förderung der Aktion Mensch. Auch für die Fragen der Teams auf den Einsatzstellen oder beim Partner Alfred Toepfer Akademie haben Stefanie Hecht und Jan Bruns im Verdener Büro ein offenes Ohr.
Dabei geht es seltener um Rampen oder Stufen, sondern um Übung im inklusiven Miteinander: „Viele Barrieren entstehen eher durch unsere Denkgewohnheiten und Erwartungen“, beobachtet Jan Bruns.
„Barrieren abzubauen bedeutet da zum Beispiel genauso, die spannenden Themen auf den Seminaren so rüber zu bringen, dass alle etwas davon mitnehmen.“
Über das Jahr verteilt besuchen die Teilnehmer*innen fünf einwöchige Seminar, zum Beispiel zu Nachhaltigkeitsthemen in regionalen Gruppen.
Während Frank G. und die anderen noch beinahe neun Monate ihres FÖJ vor sich haben, beginnt in Verden jetzt schon die Bewerbungsphase für die nächste Runde. Junge Menschen mit Behinderung, die sich für ein Jahr Freiwilligendienst interessieren, können sich ab dem 12. Dezember in der Geschäftsstelle in Verden für weitere Informationen oder eine persönliche Beratung melden.
Weitere Informationen: https://www.netzwerk-alma.de/was-macht-alma/foej-fuer-alle/
(RP/PM)

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