Die fünf bundespolitischen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen haben schriftlich auf acht Wahlprüfsteine des Deutschen Gehörlosen-Bundes (DGB) zur Bundestagswahl 2021 geantwortet. Die Kurzfassung können Sie hier als PDF herunterladen.
Der DGB teilt mit, dass bereits angefragt wurde, warum die Wahlprüfsteine nicht auch Vertretern der AfD zugesandt wurden. Dazu erklärt der Verband:
„Bei der Sitzung des Deutschen Behindertenrates haben wir vereinbart, dass wir nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Über 726 Initiativen, Einrichtungen und Verbände haben die Erklärung ,WIR für Menschlichkeit und Vielfalt‘ mitgezeichnet und damit gemeinsam ein Zeichen für Inklusion und Teilhabe und gegen rechte Bewegungen wie die AfD gesetzt. Der DGB macht hierbei mit und positioniert sich im Wahljahr 2021 für Demokratie und gegen jede Form von Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus.“
Die Parteien im Interview
Der DGB hat mit allen Teilnehmern auch Interviews auf Basis der Wahlprüfsteine geführt. Die jeweils fast einstündigen Videos umfassen alle abgefragten Themen. Die Gespräche führte Daniel Büter, Referenten für politische Arbeit des Deutschen Gehörlosen-Bundes. Die Moderation übernahmen Helmut Vogel (DGB-Präsident) und Elisabeth Kaufmann (1. Vizepräsidentin des DGB).
Interview mit Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen)
Corinna Rüffer ist die Sprecherin für Behindertenpolitik und Bürgerangelegenheiten der Bundestagsfraktion.
Interview mit Sören Pellmann (Die LINKE)
Sören Pellmann ist Sprecher für Inklusion und Teilhabe der Bundestagsfraktion.
Interview mit Jens Beeck (FDP)
Jens Beeck ist Teilhabepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion.
Interview mit Wilfried Oellers (CDU)
Wilfried Oellers ist Behindertenbeauftragter der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion.
Interview mit Dr. Matthias Bartke (SPD)
Dr. Matthias Bartke ist Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Bundestag.
Die Antworten auf die Prüfsteine
Thema: Gesundheit
Was wollen Sie tun, um die gesundheitliche Versorgung gehörloser Menschen zu verbessern, z. B. Zugang zu allen wichtigen Informationen von verschiedenen Bundesministerien in Deutscher Gebärdensprache, Einrichtung einer Corona- bzw. Gesundheitshotline für gehörlose Menschen etc.?
Die LINKE: Das Gesundheitswesen wollen wir konsequent von Barrieren befreien. Das bedeutet nicht nur, Hindernisse beim Zugang zu Arztpraxen, Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen zu beseitigen, sondern auch, Untersuchungstechniken und Kommunikation den besonderen Bedürfnissen von älteren Patient*innen und Menschen mit Behinderung anzupassen. Leichte Sprache, Gebärdensprachdolmetschung, verständliche Patient*inneninformationen sowie entsprechende Beratungsleistungen müssen selbstverständlich werden. Um medizinischem und pflegerischem Fachpersonal mehr Sicherheit im selbstverständlichen, bedarfsgerechten und diskriminierungsfreien Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu vermitteln, setzen wir uns für die Implementierung spezieller Module in Aus-, Fort- und Weiterbildung ein. Diese sind von fachkundigen Peerkräften durchzuführen. Die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Behinderung in der Pflege und in (teil-) stationären Einrichtungenmüssen garantiert werden. Dies schließt auch die Mitnahme persönlicher Assistenz zu medizinischen Untersuchungen und stationären Krankenhausaufenthalten sowie zum Besuch von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ein, auch wenn diese nicht über das Arbeitgebermodell organisiert wird. Darunter zählen wir auch Gebärdensprachdolmetschung.
Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE wollen eine umfassend inklusive Gesundheitsversorgung sicherstellen. Das bedeutet u.a., dass Leistungen barrierefrei erbracht werden und die Belange von Menschen mit Behinderungen in der Aus- und Fortbildung eine wichtige Rolle spielen. Die Benachteiligung bestimmter Menschen mit Behinderungen im Leistungsrecht – Insbesondere bei der Hilfsmittelversorgung und Assistenz bei Krankenhausaufenthalten – wollen wir beseitigen. Alle Informationen von Bundesministerien wollen wir auch in Deutscher Gebärdensprache zur Verfügung stellen.
SPD: Wir setzten uns dafür ein, dass alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Wohnort, sozialer Herkunft, Art oder Schwere der Erkrankung gleichberechtigten, diskriminierungsfreien, barrierefreien und bedarfsorientierten Zugang zu den Leistungen unseres Gesundheitssystems haben. Unser Ziel ist gesundheitliche Chancengleichheit, insbesondere für Menschen mit Behinderung. Barrierefreie Versorgungsstrukturen sind unerlässlich. Das Kriterium Barrierefreiheit muss beispielsweise sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Versorgungsplanung stärker zum Tragen kommen. Außerdem ist die weitere Sensibilisierung der unterschiedlichen Fachkräfte für die Belange von Menschen mit Behinderungen notwendig. Gesundheitsinformationen müssen gehörlosen Menschen zugänglich sein. Die entsprechenden Angebote sind auszubauen.
CDU/CSU: CDU und CSU sorgen dafür, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg zum Beispiel zur Haus-, Fach-, Zahnarzt- und Notfallversorgung, zu Apotheken, Hebammen, Physiotherapeuten, Gesundheitshandwerken und Sanitätshäusern haben.
Für Menschen mit Behinderung sind gerade die neuen digitalen Technologien der entscheidende Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft im Allgemeinen, wie auch speziell zu Gesundheitsinformationen und zur Gesundheitsversorgung: Gehörlose Menschen können über zugeschaltete Gebärdensprachdolmetscher mit hörenden Menschen kommunizieren, Blinde und Sehbehinderte können sich durch den Einsatz von Smartphones in fremden Umgebungen orientieren und Menschen mit kognitiven Einschränkungen haben durch Leichte Sprache Zugang zu bisher schwer verständlichen Informationen. CDU und CSU setzen sich auf allen gesellschaftlichen Ebenen für die Erweiterung der barrierefreien Gestaltung, der digitalen Infrastruktur sowie dessen Kommunikations- und Informationsdienstleistungen ein. Insbesondere die Weiterentwicklung des BGG und der zugehörigen BITV sind hier von Bedeutung. Aber auch die möglichst weitreichende Umsetzung der EU- Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen ist hier zentral.
FDP: Wir Freie Demokraten fordern, dass alle Pressekonferenzen des Bundes live in Gebärdensprache übersetzt werden. Menschen mit Hörbehinderung sind derzeit von wichtigen Informationen ausgeschlossen. Das ist nicht mit dem im Grundgesetz verankerten Diskriminierungsverbot vereinbar. Der Zugang zu Informationen ist für alle Bürgerinnen und Bürger unerlässlich. In vielen Ländern der Welt ist die Übersetzung wichtiger Pressekonferenzen in Gebärdensprache selbstverständlich. Auch in Deutschland muss die Übersetzung von Live-Statements aller Ministerien und untergeordneter Behörden in Gebärdensprache sichergestellt werden. Darüber hinaus sollen alle notwendigen Amtsgänge virtuell und barrierefrei möglich sein.
Wollen Sie das Telekommunikationsgesetz nachbessern, sodass gehörlose Endnutzer/-innen einen Zugang zu Notdiensten (direkte Echtzeitkommunikation per Textchat und Videotelefonie in Gebärdensprache) haben müssen, der dem Zugang für andere Endnutzer, die die Nummer 112 anrufen, funktional gleichwertig ist?
Die LINKE: DIE LINKE will einen bundesweiten, barrierefreien Notruf entwickeln und den barrierefreien Zugang zum Notrufsystem für Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen festschreiben. Auch ist dabei das Recht auf angemessene Vorkehrungen gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention zu garantieren. Hierbei ist dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen und eine barrierefreie Notruf-App zu entwickeln und flächendeckend einzurichten.
Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE wollen, dass alle Menschen in Notfällen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste rufen können. Deshalb wollen wir hierzu barrierefreie Wege einführen.
SPD: Das deutsche Telekommunikationsgesetz haben wir in dieser Legislaturperiode einer umfassenden Novellierung gemäß einer Richtlinie der EU aus dem Jahr 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation unterzogen. Hierbei wurden auch neue Regelungen aufgenommen, mit denen ein barrierefreier Zugang zu Notrufkommunikation für Menschen mit Behinderung sichergestellt wird. Laut diesem am 01. Dezember 2021 in Kraft tretenden Gesetz muss die gleichwertige Notrufkommunikation für Menschen mit Behinderung ausdrücklich gewährleistet sein.
Außerdem haben wir mit dem Gesetz Vorgaben gemacht, die die kostenlose Nutzung von Telekommunikationsdiensten zu Notrufzwecken wie bspw. der Notruf-App des Bundes und der Länder umfassen. Ausgearbeitet werden die Regelungen in der Folge durch eine Rechtsverordnung der beteiligten Ministerien. Mit dieser Gesetzesanpassung ist ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Stärkung der Barrierefreiheit erfolgt.
CDU/CSU: CDU und CSU begrüßen bereits gestartete Initiativen bei der Umsetzung zu Einführung einer barrierefreien, kostenlosen und einheitlichen Notruf-App. Die App wird insbesondere Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung einen gleichwertigen Zugang zum Notruf ermöglichen und die bisherigen Notruf-Möglichkeiten ergänzen.
Blinde Flecken im Warnsystem wollen wir schließen, damit sich die Menschen in unserem Land auf ein gut aufgestelltes und zuverlässiges Warnsystem in Krisenlagen und Gefahrensituationen verlassen können. Wir wollen die Warnmedien modern und zielgerichtet gestalten. Um sicherzustellen, dass Warnungen auch in Zukunft den richtigen Empfängerkreis schnell erreichen, muss der Warnmix aus digitalen und analogen Medien fortwährend angepasst werden.
FDP: Im Telekommunikationsgesetz ist die Voraussetzung für die längst überfällige Notruf-App geschaffen. Es ist unverständlich, warum die Umsetzung immer wieder verschoben wird. Derzeit existiert keine Möglichkeit, digital einen Notruf per App abzusetzen, der unmittelbar in die Leitstelle geht, was für die gesamte Bevölkerung, aber insbesondere für gehörlose, hörbehinderte oder kehlkopflose Menschen lebensrettend sein kann. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat im letzten Jahr zu diesem Thema eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt (BT-Drs. 19/23762).
Wie wollen Sie für bimodale und bilinguale Bildungsangebote mit Gebärdensprache sowie für die Anerkennung und Verankerung der Deutschen Gebärdensprache als Unterrichtsfach an den Schulen für Hörbehinderte und als Wahlpflichtfach im Bereich der Fremdsprachen an den allgemeinbildenden Schulen sorgen?
Die LINKE: Der Rechtsanspruch auf inklusive Bildung und das Recht auf das gemeinsame Lernen in einer Regelschule gehört in jedes Schulgesetz. DIE LINKE will barrierefreie Schulen für alle Kinder schaffen, die sich nicht nur auf die baulichen Bedingungen konzentrieren. Sie müssen über adäquate Ausstattung und Qualifizierung bei Personal, Assistenzleistungen, Lehr- und Lernmitteln sowie sonstigen Hilfsmitteln für jedes Kind verfügen. Wir wollen ein Zwei-Lehrer*innen-System umsetzen, als eine der Rahmenbedingungen, mit der wir Förderschulen überflüssig machen. Inklusion darf nicht davon abhängig gemacht werden, wie viel sie kostet. Bund, Länder und Kommunen müssen ein Investitionsprogramm „Inklusive Bildung“ auflegen, um Bildungseinrichtungen umfassend barrierefrei umzubauen und auszustatten. DIE LINKE will eine inklusive Schule, in der alle Kinder und Jugendlichen willkommen sind und gemeinsam mit- und voneinander lernen. Auch Angebote in Deutscher Gebärdensprache sollten gefördert werden.
Bündnis 90/Die Grünen: Für das Bildungswesen sind die Länder zuständig, Da wir GRÜNE Deutsche Gebärdensprache als Unterrichtsfach aber wichtig finden, wollen wir mit den Landesregierungen sprechen, damit sie das Fach einführen.
SPD: Jeder Fortschritt beim Abbau von Barrieren bedeutet Selbstbestimmung, mehr Wahlfreiheit und weniger Hilfebedarf. Inklusion will die SPD deshalb zum integralen Bestandteil aller Bildungseinrichtungen in Deutschland machen. Wir verfolgen das Ziel, dass alle Schulen in Deutschland erstklassig sind. Neben der Infrastruktur brauchen wir auch eine gute Koordinierung des Unterrichts selbst. Lehr- und Lernmaterialien sollen inklusiv und auf ganzheitliche Bildung ausgerichtet sein. In Folge der Corona-Pandemie hat die digitale Vermittlung von Lehrinhalten stark zugenommen. Wir brauchen daher rechtliche Rahmenbedingungen, die Barrierefreiheit im Bereich von Information und Kommunikation auch für den privaten Bereich definiert und verbindlich vorschreibt. Das digitale Lernen in den Schulen, das oft auf digitale Plattformen zurückgreift, muss ausnahmslos barrierefrei sein. Durch ein Bundesprogramm für Schulsozialarbeit sollen die Kommunen Mittel zur Förderung von Chancenhelfer:innen an jeder Schule bereitstellen.
Lehrpläne und die konkrete Umsetzung vor Ort sind aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung Sache der Bundesländer. Wir wollen die Lehr- und Lernprozesse an Schulen aber individualisieren, Schüler:innen bestmöglich fördern sowie Lehrkräfte fortbilden und entlasten. Dazu gehört für uns auch, dass in Schulen multiprofessionelle Teams arbeiten sollen, zu denen auch Fachkräfte für Inklusion gehören sollten. Ein gutes Ganztagangebot ist entscheidend für gleiche Chancen – und das muss für alle Kinder zur Verfügung stehen.
CDU/CSU: Nach der Ordnung des Grundgesetzes sind die Länder für Bildungspolitik zuständig. Gleichwohl sprechen wir uns für räumlich, personell und sachlich angemessen ausgestattete Schule in allen Bundesländern aus, um inklusiven Unterricht anbieten zu können. Klar für uns ist auch: Bildung ist der Schlüssel zur Welt, sie ermöglicht selbstbestimmte Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft. Mehr schulische Inklusion ist daher unser Ziel. CDU und CSU begrüßen es, dass der Arbeitsauftrag des KMK-Schulausschusses „Empfehlungen zu curricularen Vorgaben eines kompetenzorientierten Wahlpflicht- oder Wahlfaches ‚Deutsche Gebärdensprache‘ (DGS) für die Sekundarstufe I“ zu entwickeln in den Ländern aufgriffen wird, sodass DGS in den Schulen als Angebot etabliert werden kann.
FDP: Die für die Bildung zuständigen Bundesländer haben die Möglichkeit, die Regelschulen und die Schulen für Hörbehinderte darin unterstützen, Gebärdensprache verstärkt anzubieten. Dazu gehört auch das Angebot einer Ausbildung in Gebärdensprache für Lehrkräfte.
Thema: Arbeit und Beschäftigung
Werden Sie die monatliche Ausgleichsabgabe auf mindestens 750 Euro pro nicht besetztem Pflichtarbeitsplatz anheben und die bedarfsgerechten Arbeitsassistenzleistungen weiter verbessern, um gehörlosen Menschen gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu sichern?
Die LINKE: Ja. Die Ausgleichsabgabe wollen wir deutlich anheben. Alle Regelungen sollen beseitigt werden, die es Unternehmen ermöglichen, die Zahlung der Ausgleichsabgabe zu reduzieren und so die Beschäftigungspflicht faktisch auszuhebeln. Wir stellen sicher, dass die Mittel der Ausgleichsabgabe nur für die Schaffung und Sicherung inklusiver Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwendet werden. Assistenzleistungen, auch die Arbeitsassistenz sind aus Steuermitteln zu finanzieren und bedarfsdeckend sowie unbürokratisch zu garantieren. Menschen mit Behinderungen sind wegen fehlender Barrierefreiheit und anderer Diskriminierungen überdurchschnittlich von Erwerbslosigkeit betroffen. DIE LINKE will einen inklusiven Arbeitsmarkt schaffen. Die gesetzliche Beschäftigungspflicht von Unternehmen muss wieder auf sechs Prozent angehoben und konsequent umgesetzt werden. Initiativen zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit müssen gezielt auch Menschen mit Behinderungen einschließen.
Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE wollen den Arbeitsmarkt inklusiv gestalten. Jedem behinderten Menschen sollen Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben offenstehen. Dafür sollen Ausbildungs- und Arbeitsplätze an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen angepasst werden. Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten, wollen wir den Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt erleichtern, etwa durch Verbesserungen bei der Arbeitsassistenz. Wir wollen Arbeitgeber*innen, die behinderte Menschen ausbilden und beschäftigen, einfacher und transparenter fördern. Große Arbeitgeber*innen, die deutlich weniger behinderte Menschen beschäftigen, als vorgeschrieben, sollen eine höhere Ausgleichsabgabe als bisher zahlen.
SPD: Ohne gleiche Chancen bei der Beschäftigung gibt es keine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. Wir streben deshalb einen inklusiven Arbeitsmarkt an, der allen Menschen eine Beschäftigung entsprechend ihren Fähigkeiten ermöglicht und ihnen die dafür notwendige Unterstützung bietet. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir u.a. eine neue Stufe der Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber einführen, die trotz gesetzlicher Pflicht keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Als Höhe der neuen vierten Staffel schlagen wir eine Verdopplung der bisherigen dritten Staffel vor. Die SPD hatte sich bereits in der 19. Legislatur für eine neue vierte Stufe eingesetzt. Die Einführung wurde jedoch von CDU und CSU verhindert.
Die Arbeitsassistenz ist aus der Sicht der SPD ein wichtiges Instrument zur verbesserten Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben. Wir setzen uns dafür ein, dass die Arbeitsassistenz stets im benötigten Umfang gewährt wird.
CDU/CSU: Ziel von CDU und CSU ist ein inklusiver erster Arbeitsmarkt. Das Potenzial von Fachkräften mit Behinderungen bleibt vielfach noch immer ungenutzt. Gemeinsam mit den Schwerbehindertenvertretungen wollen wir das betriebliche Eingliederungsmanagement stärken sowie Frühwarnsysteme und effiziente Präventivmaßnahmen ausbauen. Bei vielen Menschen tritt die Behinderung erst während des Arbeitslebens ein. Oft kann ein gutes betriebliches Eingliederungsmanagement eine anschließende Arbeitslosigkeit verhindern. Die Ausgleichsabgabe, die Unternehmen zahlen müssen, wenn sie nicht die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von schwerbehinderten Menschen beschäftigen, sollte ausschließlich für Maßnahmen zur Schaffung von Ausbildung und Arbeit für Menschen mit Behinderung im ersten Arbeitsmarkt verwandt werden. Unser Ziel ist es, mehr Unternehmen zu überzeugen, mehr Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen.
FDP: Das Recht auf Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben ist heute Konsens und wichtig für die Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft. Das Selbstverständnis von Menschen mit Behinderungen insgesamt und auch am Arbeitsmarkt hat sich grundlegend gewandelt. Einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu haben und für sich selbst sorgen zu können, ist für viele Menschen mit Behinderungen heute ein selbstverständlicher Wunsch. Viele gehörlose Menschen sind gut ausgebildet und für den Arbeitsmarkt unverzichtbar. Arbeitgeber müssen vorhandene Fördermöglichkeiten besser nutzen und sollten mutig und mit Weitsicht vorangehen. Das gilt auch für den Übergang von einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt. Es sind unbürokratische Lösungen und stärkere Anreize für den Arbeitgeber notwendig, zum Beispiel mit dem Budget für Arbeit. Auch spricht sich die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag für eine Genehmigungsfiktion von vier Wochen für Anträge bei den Integrationsämtern aus, was bessere Planungssicherheit für die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber bedeuten würde. Darüber hinaus ist das Werkstattsystem ein wichtiger Bestandteil für die Teilhabe am Arbeitsleben. Viele Menschen arbeiten gerne dort und wir wollen die Entlohnung und die sonstigen Unterstützungsleistungen dort neu gestalten, um den berechtigten Wünschen und Situationen der Beschäftigten besser zu entsprechen (vgl. „Menschenwürdige und inklusive Arbeitswelt voranbringen” BT-Drs. 19/22474).
Thema: Soziale Teilhabe
Wie wollen Sie die Dolmetscherleistungen für Deutsche Gebärdensprache und Deutsch zur sozialen Teilhabe (§76-84 SGB IX) im sozialen und ehrenamtlichen Bereich finanzieren? Wollen Sie die Formulierung „aus besonderem Anlass“ in § 82 SGB IX „Leistungen zur Förderung der Ver- ständigung“ streichen?
Die LINKE: Ja. Wir wollen ein garantiertes Recht auf persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen für ein selbstbestimmtes Leben in Arbeit, Bildung, Wohnen, Freizeit, Familie und Elternschaft sowie im Ehrenamt. Assistenzleistungen sind Teilhabeleistungen, zu denen wir auch die notwendige Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache zählen. Wir wollen, dass die Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderungen bedarfsdeckend sowie einkommens- und vermögensunabhängig in allen Lebensbereichen nach bundesweit einheitlichen Kriterien und durch Bundesmittel finanziert werden. Auch wollen wir ein Teilhabegeld einführen.
Bündnis 90/Die Grünen: Kommunikation ist für uns GRÜNE ein Menschenrecht, Deshalb wollen wir, dass gehörlose, taube und hörbehinderte Menschen immer dann Dolmetschleistungen bekommen, wenn sie sie brauchen.
SPD: Die SPD setzt sich dafür ein, dass die Leistungen zur sozialen Teilhabe für Menschen mit Behinderungen so ausgestaltet sind, dass mit ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft möglich ist. Für die Finanzierung der Leistungen können verschiedene Träger zuständig sein. Uns ist es ein Anliegen, dass die Reha-Träger gut ausgestattet sind. Deswegen setzen wir uns u.a. für eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung und ihrer Leistungen wie z.B. der Rehabilitation ein.
Mit dem Bundesteilhabegesetz und der letzten 2020 in Kraft getretenen Reformstufe haben wir bereits wichtige Schritte zur Aufhebung der Einkommens- und Vermögensanrechnung von Teilhabeleistungen vollzogen und das Wunsch- und Wahlrecht gestärkt. Die SPD hat immer betont, dass es sich dabei um Zwischenschritte handelt und setzt sich weiter für eine einkommens- und vermögensunabhängige Gestaltung der Leistungen zur Teilhabe und zur weiteren Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts von Menschen mit Behinderungen ein.
CDU/CSU: In § 78 SGB IX heißt es zu Assistenzleistungen: „Zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltages einschließlich der Tagesstrukturierung werden Leistungen für Assistenz erbracht. Sie umfassen insbesondere Leistungen für die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie die Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche Lebensplanung, die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten sowie die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen. Sie beinhalten die Verständigung mit der Umwelt in diesen Bereichen.“ Hierunter fallen auch Dolmetscherleistungen. Als CDU und CSU sehen wir deshalb keinen weiteren Regelungsbedarf.
FDP: Der Gesetzgeber hat mit dem § 82 SGB IX gute Voraussetzungen geschaffen. In der konkreten Bewilligungspraxis muss sich dies jedoch starker widerspiegeln. Sofern diese sich nicht verbessert, muss eine gesetzliche Konkretisierung folgen.
Thema: Förderung der Gebärdensprache
Wie steht Ihre Partei zu unserer Forderung, die Deutsche Gebärdensprache – neben den sieben bisher anerkannten Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland – als kulturelle Minderheitensprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen anzuerkennen?
Die LINKE: DIE LINKE betrachtet Regional- oder Minderheitensprachen als Ausdruck des kulturellen Reichtums und möchte Deutsche Gebärdensprache entsprechend anerkennen und auch entsprechende Angebote in Schulen fördern.
Bündnis 90/Die Grünen: Wir GRÜNE wollen, dass die Deutsche Gebärdensprache stärker als bisher anerkannt und gefördert wird. Deshalb wollen wir prüfen, ob die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als Minderheitensprache dazu beiträgt. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass die Deutsche Gebärdensprache in ganz Deutschland etwa gleichmäßig genutzt wird, was sie von Sprachen wie Friesisch oder Sorbisch unterscheidet.
SPD: Die Bundesrepublik Deutschland hat als einer der ersten Staaten bereits 2009 die UN- Behindertenrechtskonvention ratifiziert und sich dadurch dazu verpflichtet, die sprachliche Identität der Gehörlosen einschließlich der Gebärdensprachen anzuerkennen, zu unterstützen und zu fördern. Hierzu bekennen wir uns uneingeschränkt.
Die Anerkennung der deutschen Gebärdensprache als eine deutsche Regional- und Minderheitensprachen im Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen halten wir allerdings nicht für einen richtigen Ansatz zur Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen. Dies hat im Wesentlichen rechtstechnische Gründe. Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zielt auf den Schutz und die Förderung von herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates gebrauchten Sprachen ab. Hierbei handelt es sich in erster Linie um von regional ansässigen autochthonen Gruppen gesprochene Sprachen. Im Gegensatz zu diesen ist die Gebärdensprache in Deutschland bereits als eigenständige Sprache anerkannt.
CDU/CSU: CDU und CSU weisen darauf hin, dass die Deutsche Gebärdensprache in § 6 BGG Absatz 1 offiziell als eigenständige Sprache genannt wird. Sie ist somit gesetzlich verankert und wird als eigenständige Sprache anerkannt.
FDP: Die Gebärdensprache ist bereits als Sprache anerkannt. Einer Prüfung, inwieweit eine Anerkennung als kulturelle Minderheitensprache zu Verbesserungen führt, stehen wir offen gegenüber.
Thema: Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes
Wollen Sie das Behindertengleichstellungsgesetz novellieren, um die Verpflichtung zur Barrierefreiheit im privatwirtschaftlichen Bereich zu verankern, Rechtsschutzmöglichkeiten und Feedbackmechanismus auszubauen und die finanziellen Ressourcen für die Partizipationsförderung (§ 19 BGG) zu erhöhen?
Die LINKE: Ja. Öffentliche Investitionen und Fördergelder müssen an das Kriterium der Barrierefreiheit gebunden werden, unter anderem bei Arztpraxen, medizinischen Einrichtungen und Umbaumaßnahmen. Auch die Privatwirtschaft muss umfassende Barrierefreiheit ermöglichen. Wir wollen dazu verbindliche und wirksame Regelungen in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und in das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie in alle ebenfalls betroffenen Gesetze aufnehmen, mit denen private Anbieter*innen von öffentlich zugänglichen Gütern und Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit gemäß UN-BRK verpflichtet werden. Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, damit Antidiskriminierungsverbände klagen können.
Bündnis 90/Die Grünen: Betreiber*innen von Geschäften, kommerziellen Websites, Gaststätten, Hotels, Kinos usw. werden wir mit einem Barrierefreiheits-Gesetz verpflichten, innerhalb eines realistischen Zeitraums Barrieren abzubauen. Sowohl die angebotenen Waren und Dienstleistungen als auch die Orte, an denen sie angeboten werden, müssen barrierefrei werden. Dort, wo das (noch) nicht möglich ist, sollen die Betreiber*innen ihre Angebote im Rahmen des Möglichen auf anderen Wegen zugänglich machen („angemessene Vorkehrungen“ treffen), etwa durch mobile Rampen oder Bring-Dienste. Außerdem wollen wir die Rechtsbehelfe, die Feedback-Mechanismen und die Partizipationsförderung im Behindertengleichstellungsgesetz verbessern.
SPD: Barrierefreiheit ist eine Grundvoraussetzung zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Die SPD setzt sich deshalb für den Abbau von Barrieren in allen Lebensbereichen ein. Barrierefreiheit für die Bereiche Information und Kommunikation wollen wir für den privaten Bereich definieren und verbindlich vorschreiben. Die Novellierung und weitere Verbesserung des Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) haben wir dabei im Blick.
CDU/CSU: CDU und CSU begrüßen die Forderungen des Deutschen Gehörlosen-Bundes e. V., die Barrierefreiheit zu erhöhen. Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf eine barrierefreie Gestaltung ihrer Umwelt, damit sie am alltäglichen Leben in allen Bereichen ganz selbstverständlich teilhaben und sich einbringen können. Gerade die deutsche Wirtschaft ist bekannt für ihre internationale Innovationsfähigkeit. Diese muss sie auch bei der Barrierefreiheit von Produkten zeigen. Genau hiermit kann sie eine europäische Vorbildfunktion übernehmen. Wir wollen dafür Anreizsysteme entwickeln.
FDP: Viele Menschen denken, dass Inklusion und Barrierefreiheit ein ist, dass sie nicht betrifft. Das ist ein Irrglaube. Von ihr profitieren Menschen mit Behinderungen, Familien mit Kindern, ältere Menschen und letztlich wir alle, denn Einschränkungen der Mobilität oder in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfährt zeitweise jede und jeder Einzelne. Hier ist gesellschaftliches Umdenken und Verinnerlichung des Inklusionsgedankens wichtig. Eine freie Gesellschaft ist inklusiv. Dafür muss sie auch barrierefrei sein und zwar in allen Bereichen.
Wir Freie Demokraten fordern, dass der Begriff der angemessenen Vorkehrungen in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen wird. Wir wollen, dass Private, die Dienstleistungen für die Allgemeinheit erbringen, angemessene Vorkehrungen treffen, um Barrierefreiheit sicherzustellen (vgl. „Umfassende Teilhabe und Inklusion für Deutschland“ BT-Drs.-19/24886).
Die Chancen der Digitalisierung sind immens. Für uns Freie Demokraten ist dabei klar, dass gesellschaftliche Teilhabe auch im digitalen Raum gelten muss. Bestehende rechtliche Anforderungen beispielsweise zur barrierefreien Gestaltung von Websites müssen daher konsequent umgesetzt werden. Auch die Anwendung von Apps sollte barrierefrei möglich sein. Und insbesondere für das Arbeitsleben oder im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich einer Werkstätte muss die Weiterbildung mit digitalen Kompetenzen stärker zur Anwendung kommen. Wir sprechen uns zudem für ein Recht auf Digitale Teilhabe im SGB IX aus (vgl. „Digitalen Teilhabeausweis einführen – Hürden für Menschen mit Behinderungen abbauen” BT-Drs.-19/23103).
Die Vereinsamung in den Einrichtungen der Altenpflege und der Eingliederungshilfe während der Corona-Pandemie hätte durch bessere technische Voraussetzungen für eine digitale Teilhabe sicherlich abgemildert werden können. Videotelefonie oder ein Internetzugang gehören inzwischen zum Standard in der Gesellschaft und hier darf es keine Brüche geben, wenn Menschen in besonderen Wohnformen leben. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich deshalb dafür eingesetzt, W-LAN zur Standardausstattung in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe und der Altenpflege zu machen (vgl. „Umfassende Teilhabe und Inklusion für Deutschland“ BT-Drs.-19/24886).
Thema: Partizipation und „Nichts über uns ohne uns“
Was planen Sie in Bezug auf die Behindertenpolitik in der 20. Legislaturperiode? Wie werden Sie die Partizipation an Gesetzgebungsverfahren sicherstellen bzw. stärken, insbesondere hinsichtlich einer fairen Abgabefrist der Stellungnahmen und in Bezug auf die Beteiligung an der Anhörung?
Die LINKE: DIE LINKE will ein Land, in dem alle Menschen gleichberechtigt zusammenleben und an den demokratischen Entscheidungen beteiligt werden. Daher fordern wir die Erarbeitung von transparenten Kriterien für barrierefreie und wirksame Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen und ihre Selbstvertretungsorganisationen/Verbände zusammen mit diesen selbst. Diese Kriterien müssen danach gesetzlich verbindlich festgeschrieben werden. Wir wollen, dass alle Wahllokale und der Zugang zu allen Wahlinformationsmaterialien und -unterlagen (z.B. Leichte Sprache oder Gebärdensprache) barrierefrei ausgestaltet werden. Wo keine umfassende Barrierefreiheit nach Prüfung aller Möglichkeiten zu erreichen ist, müssen bedarfsdeckende Assistenz- /Unterstützungsangebote geschaffen werden, um die Nutzbarkeit und den Zugang zu garantieren.
Bündnis 90/Die Grünen: Behinderte Menschen sollen selbstbestimmt und gemeinsam mit nichtbehinderten Menschen leben, lernen, arbeiten und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Das ist noch zu selten der Fall. Eine inklusive Gesellschaft ist für uns von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deshalb ein wichtiges Ziel. Und zwar in allen Lebensbereichen – von der Schule bis hin zum Sportstadion oder Theater. Eine inklusive Gesellschaft passt sich immer wieder neu den Bedürfnissen der Menschen an, statt darauf zu warten, dass sich die Menschen den einmal geschaffenen Strukturen anpassen. Deshalb profitieren Alle, nicht nur Menschen mit Behinderungen.
Faire Fristen zur Abgabe von Stellungnahmen gehören für uns zu den Grundlagen der Demokratie.
SPD: Die SPD wird sich in der kommenden 20. Wahlperiode für den Abbau von Barrieren, für einen inklusiven Arbeitsmarkt und für eine stärkere Partizipation von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Wir stehen für ein Umfeld, in dem aktive Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an politischen Entscheidungsprozessen ermöglicht und gefördert wird. Das vom SPD-geführten Sozialministerium novellierte BGG sieht diese Förderung über einen Partizipationsfonds für Organisationen von Menschen mit Behinderungen vor, die ihre Interessen auf der Bundesebene vertreten. Insbesondere Selbstvertretungsorganisationen erhalten damit Unterstützung für ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen, um sich intensiver in gesellschaftliche und politische Gestaltungsprozesse einzubringen. Für die SPD gilt der Grundsatz „Nichts über uns – ohne uns!“ und sie schlägt deshalb regelmäßig Selbstvertretungsorganisationen als Sachverständige für Öffentlichen Anhörungen vor. Die Verbändeanhörung darf nicht zur bloßen Förmelei verkommen. Sie ist aus Sicht der SPD ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzgebungsprozesses, der die Vorhaben einer praxisorientierten Qualitätskontrolle unterzieht und die Akzeptanz in der Gesellschaft stärkt.
CDU/CSU: CDU und CSU wollen erreichen, dass Menschen mit Einschränkungen, ältere Menschen oder zeitweise Erkrankte das tun können, was für alle selbstverständlich ist: den ÖPNV benutzen, einen Geldautomaten aufsuchen oder die Nachrichtensendung verfolgen. Dafür werden wir das Behindertengleichstellungsgesetz weiterentwickeln. Bei den hierfür notwendigen Initiativen werden die entsprechenden Berufsverbände grundsätzlich eng eingebunden, etwa im Rahmen von Stellungnahmeverfahren und Anhörungen. Hieran wollen wir festhalten.
FDP: Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat sich bereits in der jetzt endenden Wahlperiode mehrfach dafür eingesetzt, dass Menschen mit Behinderungen wie auch ihre Verbände nicht übergangen werden. So hat die Fraktion beispielsweise erreicht, dass es eine Öffentliche Anhörung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gibt. Vor dem Hintergrund der immensen Herausforderungen im Bereich der gesellschaftlichen Teilhabe sind wir Freie Demokraten zudem davon überzeugt, dass es eine Inklusions-Enquete in der kommenden Legislaturperiode braucht. In ihr sollen Abgeordnete gemeinsam mit externen Sachverständigen die aktuellen Herausforderungen im Bereich der gesellschaftlichen Teilhabe systematisch aufarbeiten und hieraus die entsprechend notwendigen Empfehlungen ableiten.
(RP/PM)

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