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Gesellschaft & Politik

Behindertenpolitik: Das Zeitfenster jetzt nutzen!

Anlässlich erst stattgefundenen Staatenprüfung in Genf ruft die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. die Ampel-Koalition dazu auf, das Zeitfenster der restlichen Amtszeit jetzt wirklich sinnvoll zu nutzen. Ein Kommentar von Alexander Ahrens

Der Bundestag und das Spreeufer
Der Bundestag und das Spreeufer (Foto: ISL e.V.)

Lassen wir noch einmal Revue passieren: Die deutsche Regierungsdelegation hat vergangene Woche eine krachende Bruchlandung vor dem UN-Fachausschuss hingelegt! Auch 14 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland werden die Belange von 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen im eigenen Land nicht ernst genommen und die leitenden Prinzipien der UN-BRK im Kern nicht verstanden.

Das weiterhin bestehende exkludierende System aus Sonderschulen wird dreist als Teil der inklusiven Bildung verkauft. Und, statt das Kind beim Namen zu nennen und die steigenden Zahlen der Institutionalisierung zu erklären, spricht die Regierung nicht von Deinstitutionalisierung sondern beschönigend von „Ambulantisierung“. Zeitlich befristete Initiativen, Bemühungen und Evaluierungen nützen nichts, wenn behinderte Menschen in allen Lebensbereichen weiterhin täglich mit einer Vielzahl von Barrieren konfrontiert werden und der Regierung selbst das Bewusstsein darüber fehlt, dass Barrierefreiheit und Angemessene Vorkehrungen Grundvoraussetzungen für die Umsetzung gleichberechtigter Teilhabe sind.

Politik definiert ‚Inklusion‘ sehr sonderbar

Eigentlich nützt alle Partizipation mit oder ohne Schein, alles Gerede und Geracker – egal auf welcher Seite – nichts, wenn die Politik den Paradigmenwechsel des Übereinkommens nicht vollzieht und Inklusion noch immer sehr sonderbar definiert.

Gleichzeitig haben wir einen Koalitionsvertrag, der noch Grundlage für die nächsten zwei Jahre dieser Regierung ist: Noch nie las sich ein Koalitionsvertrag so wohlwollend und aufgeschlossen gegenüber den behindertenpolitischen Forderungen der Betroffenen. Das heißt jetzt aber auch, diese Punkte nun wirklich umzusetzen. Denn die Zeichen stehen politisch und gesellschaftlich vielerorts auf Ausgrenzung und Exklusion. Und – es ist so mancher Partei zuzutrauen bei einer nahenden Regierungsverantwortung doch den Pakt mit den Faschist*innen einzugehen.

Deshalb lasst uns jetzt die restliche Zeit gut nutzen, um für die kommenden Jahre gewappnet zu sein. Und jedem Wählendem sei gesagt: Wer Nazis wählt, stimmt gegen Menschenrechte – und damit auch gegen seine Mitmenschen mit Behinderung in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis.

Über die ISL e.V.
Die „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL)“ ist eine menschenrechtsorientierte Selbstvertretungsorganisation und die Dachorganisation der Zentren für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen. Sie wurde nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Independent Living Movement“ gegründet, um die Selbstbestimmung behinderter Menschen auch in Deutschland durchzusetzen. Der Verein „aktiv und selbstbestimmt“ (akse) ist ein Mitgliedsverband der ISL.

(PM)

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ROLLINGPLANET ist seit 2012 Deutschlands Onlinemagazin für Menschen mit Behinderung und alle anderen. ROLLINGPLANET ist ein Non-Profit-Projekt, realisiert vom Verein Menschen, Medien und Inklusion e.V., München. Mehr über unser Team erfahren Sie hier.

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