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„Am Leben vorbei“ – so litten Kinder mit Behinderung unter dem DDR-Regime

Die Ausstellung in Schwerin zeichnet die unwürdige Lebenswelt von 140.000 Kinder und Jugendlichen, die in Wochenstätten, Heimen und Sonderkindergärten untergebracht waren.

Die DDR ist seit 1990 Geschichte, doch Menschen mit Behinderung leiden unter den vergangenen Misshandlungen noch heute.
Die DDR ist seit 1990 Geschichte, doch Menschen mit Behinderung leiden unter den vergangenen Misshandlungen noch heute. (Foto: Shutterstock)

Die Ausstellung „Am Leben vorbei“ über den Umgang mit behinderten Minderjährigen in der DDR wird erstmals auch öffentlich gezeigt. Drei Monate nach der digitalen Präsentation im Internet ist die aus 13 Rollbannern bestehende Wanderausstellung seit Donnerstag im Foyer der Helios Kliniken Schwerin zu sehen. Die Dokumentation war auf Initiative der Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur entstanden, die im März auch ein Forum zu dem Thema veranstaltet hatte.

Bei der Landesbeauftragten ist die Anlauf- und Beratungsstelle der bundesweit tätigen Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ eingerichtet. Die Stiftung bietet Menschen, die als Kinder und Jugendliche in Ost und West in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben, Unterstützung.

Keine Einzelfälle

Bis Ende Juni hätten sich fast 2.000 Betroffene aus Mecklenburg-Vorpommern gemeldet und teilweise über Schläge, Demütigungen, Essensentzug und Fixierung am Bett berichtet.

„Gerade im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen als schwächsten Gliedern der Gesellschaft zeigt sich in der DDR eine tiefe Diskrepanz zwischen den ideologischen Phrasen und den erschütternden Zuständen in den Einrichtungen“,

sagte die Landesbeauftragte Anne Drescher am Donnerstag in Schwerin.

Schätzungen zufolge lebten in der DDR zwischen 1949 bis 1990 insgesamt etwa 140.000 Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in Wochenstätten, Heimen, Krankenhäusern und psychiatrischen Kliniken. Kinder, die als „bildungsfähig“ eingestuft wurden, seien meist auf Sonderschulen, manchmal sogar schon in Sonderkindergärten mit Internaten untergebracht gewesen, geht aus der Dokumentation hervor.

Die Ausstellung vermittle ein Bild von der damaligen Unterbringung von Jugendlichen mit Behinderung, deren Integration sowie von Bildungs- und Therapieangeboten in staatlichen und konfessionellen Einrichtungen, thematisiere aber auch die gegen sie gerichteten Zwangsmaßnahmen. Sechs Einzelschicksale dokumentierten die Lebenswelten Betroffener, hieß es. Die bis zum 24. August in den Helios Kliniken Schwerin zu sehende Ausstellung soll danach an weiteren Orten im Land gezeigt werden.

Die Ausstellung kann weiterhin online auf https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/am-leben-vorbei/ betrachtet werden.

(RP/dpa/mv)

Veröffentlicht auf

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1 Kommentar

1 Comment

  1. Kerstin

    15. März 2022 um 10:25

    Ich bin in der DDR aufgewachsen. Und als Gehbehinderte war ich nie in ein Sonderkindergarten oder Sonderschule. Mittendrin und voll integriert. Und es war eine tolle und schöne Zeit.

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